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Oberstes Gericht in MexikoDie Vorreiterin

Erstmals wird eine Frau Vorsitzende des Obersten Gerichts in Mexiko. Norma Lucía Piña gilt als Gegenspielerin von Präsident López Obrador.

Will als Vorsitzende alle Frauen Mexikos vertreten: Die Oberste Richterin Norma Lucía Piña Foto: Oberstes Gericht Mexiko via reuters

Berlin taz | Norma Lucía Piña hat es geschafft. Oder, wie sie es ausdrückt: Sie hat die unerreichbar erscheinende Glaskuppel durchbrochen. Ihre Kollegen vom Obersten Gerichtshof Mexikos haben die Verfassungsrechtlerin am Montag zur Vorsitzenden gewählt. Die 63-Jährige ist damit die erste Frau in diesem Amt. Und das in einem Land, in dem die patriarchale Gewalt brutale Ausmaße angenommen hat. Im Durchschnitt werden täglich mehr als zehn Frauen ermordet, ein Viertel der Fälle gelten als Feminizide.

„Es gibt sehr viel zu tun“, sagte Piña im November optimistisch in einem Gespräch mit der Zeitung El País und eröffnete eine Agenda, die hoffen lässt. Besonders die Gewalt gegen Frauen mache ihr große Sorgen, erklärte sie dort. Auch die Pressefreiheit, die Migration und die Umwelt seien ihr sehr wichtig.

Seit sie 2015 in den aus elf Personen zusammengesetzten Obersten Gerichtshof berufen wurde, hat die Juristin oft klar Stellung bezogen. Etwa mit Blick auf die Entkriminalisierung der Abtreibung, die Feministinnen in 8 von 32 Bundesstaaten durchsetzen konnten. Es sei nicht richtig, Schwangerschaftsabbrüche nur für Gewaltopfer zu legalisieren: „Damit sieht die Regelung eine Bestrafung des sexuellen Verhaltens von Frauen vor, und das ist verfassungswidrig.“

Keine Freundin des Präsidenten López Obrador

Präsident Andrés Manuel López Obrador dürfte über die Wahl nicht glücklich sein. Nicht nur weil seine Wunschkandidatin Yasmín Esquivel schnell aus dem Rennen geworfen wurde. Piña hat sich auch bei 15 von 18 Beschlüssen in den letzten drei Jahren gegen den Präsidenten gestellt. So sprach sie sich gegen eines seiner wichtigsten Projekte, die Energiereform, und gegen die umstrittene Präventivhaft aus.

Zu Piñas größten Erfolgen zählt ein Beschluss von 2016. Damals konnte sie durchsetzen, dass Organisationen und Einzelpersonen ihr Recht auf eine gesunde Umwelt einklagen können. Das Urteil dient heute als Grundlage für Klagen etwa gegen den „Tren Maya“ – ein Touristenzug-Projekt auf der Halbinsel Yucatán, das López Obrador sehr am Herzen liegt.

Sie wolle den Vorsitz nicht wegen der Macht übernehmen, sondern weil sie Idealistin sei, behauptet die Rechtsanwaltstochter von sich. Tatsächlich begann Piña ihre Karriere als Lehrerin einer „Escuela Normal“, einer jener Hochschulen, die der armen Bevölkerung eine Lehrausbildung ermöglichen.

Später graduierte sie an der Unam, der größten Universität Mexikos, um dann eine hochrangige juristische Stelle nach der anderen zu übernehmen. Ausgerechnet der wirtschaftsliberale Vorgänger López Obradors, Enrique Peña Nieto, nominierte sie 2015 für den Obersten Gerichtshof.

Sie selbst sieht sich als doppelte Reprä­sentantin. Zum einen vertrete sie die Rich­terinnen und Richter ihres Gremiums, zum anderen die weibliche Bevölkerung. „Ich danke allen, die immer daran glaubten und nie ­aufhörten, sich für Änderungen einzusetzen, die Stück für Stück unsere patriarchale Kultur­ zurückdrängen“, sagte sie nach ihrer Wahl.

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