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Militärjunta in Burkina FasoNeuer Ärger für Paris in Afrika

Burkina Faso fordert Frankreich zum Abzug seines Botschafters auf. Wie in Mali sucht auch in Burkina das herrschende Militär offenbar Nähe zu Russland.

Pro russische Deklamation in Burkina Faso im September 22

Cotonou taz | Eins ist in diesen Tagen immer wieder aus Burkina Faso zu hören: Die Situation ist angespannt. Von der kurzen Euphorie des Miltärputsches vom 30. September ist nicht mehr viel zu spüren. Auch die Hoffnung aus Europa, dass sich der Sahelstaat anders als Nachbarland Mali deutlich von Russland abgrenzen würde, schwindet.

Jetzt fordert die Übergangsregierung von Putschistenführer Ibrahim Traoré, dass Frankreichs Botschafter Luc Hallade ausgewechselt wird. Außenministerin Olivia Rouamba hat im Dezember einen Brief verfasst, der seit Wochenanfang in den sozialen Medien kursiert. Am Dienstag bestätigte Regierungssprecher Jean-Emmanuel Ouedraogo die Forderung gegenüber Journalist*innen.

Eine konkrete Begründung gibt es nicht, und Frankreich hat sie noch nicht kommentiert. Doch spätestens seit dem zweiten Staatsstreich des Jahres 2022 Ende September ist die Beziehung ramponiert. Vor allem junge Männer protestierten damals gegen die Präsenz der einstigen Kolonialmacht und zündeten vor ihren Kulturinstituten in der Hauptstadt Ouagadougou und der zweitgrößten burkinischen Stadt Bobo Dioulasso Auto­reifen an. Ziel war die französische Botschaft. Selbst in Mali, wo antifranzösische Ressentiments früher und deutlicher spürbar waren, gab es noch keinen vergleichbaren Vorfall.

Möglicherweise hat sich Burkina Fasos Junta im Dezember erneut über eine Aussage des französischen Botschafters zur Sicherheitslage geärgert. Er forderte seine Landsleute auf, die Stadt Koudougou aufgrund der hohen Terrorgefahr zu verlassen. Im Juli hatte die Junta, an deren Spitze damals noch General Paul-Henri Damiba stand, den Botschafter noch zu mehr Objektivität und Zurückhaltung aufgefordert. Zuvor hatte Hallade den Kampf gegen den Terrorismus als „Bürgerkrieg“ bezeichnet.

Die Verbindungen nach Russland werden enger

Laut Ghana hat Burkina Faso die Stationierung von Wagner-Söldnern vereinbart

Hallades Ausweisung ist nicht die einzige. Vor Weihnachten wurde Barbara Manzi, oberste Repräsentantin der Vereinten Nationen in Burkina Faso, zur Persona non grata erklärt. Im Staatsfernsehen warf Außenministerin Rouamba ihr vor, mit Ter­ro­ris­t*in­nen zu kooperieren: Sie könne ohne Probleme in die Stadt Djibo fahren und die Stadt wieder verlassen. Djibo im umkämpften Nordwesten Burkina Fasos war über Monate vom restlichen Teil des Landes abgeschlossen, und auch vom Militär geschützte Konvois mit Nahrungsmitteln kamen nicht in die Stadt.

Zugleich werden Burkina Fasos Verbindungen nach Russland enger. Im Oktober wurde noch betont, man wolle keine russischen Wagner-Söldner im Land haben wie in Mali, sondern nur die Möglichkeit, Waffen zu kaufen, um sich selbst gegen Terrorgruppen zu verteidigen. Mitte Dezember sagte aber Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo während eines USA-Besuchs, Burkina Faso habe eine Vereinbarung über die Stationierung von Wagner-Söldnern abgeschlossen. Burkina Faso protestierte gegen die Äußerung und nannte sie schwerwiegend und falsch. Fast zeitgleich traf Premierminister Apollinaire Kyélem de Tembela allerdings in Moskau den stellvertretenden russischen Außenminister Michail Bogdanow.

Für die mangelnde Sicherheit sind allerdings nicht nur islamistische Terrorgruppen verantwortlich. Wie jetzt bekannt wurde, töteten in der Nacht zu Silvester Angehörige der Selbstverteidigungsmiliz VDP (Freiwillige zur Verteidigung des Vaterlands) im Ort Nouna 28 Menschen – alle männlich, die meisten erschossen. Die Selbstverteidigungsgruppen entstanden einst gegen Viehdiebstahl, sind als Hilfstruppe der Armee anerkannt und sollen sie im Anti­terrorkampf unterstützen.

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