Trumps neue Rolle: Langweiler

Zwei Jahre vor den nächsten US-Wahlen erklärt Donald Trump seine Kandidatur für 2024. Doch seine Rede ist ein Aufguss alter Slogans. Die Kabelsender klinken sich früh aus, und immer mehr Republikaner zweifeln

Ist schon Geschichte: Donald Trump. Portrait in Mar-a-Lago Foto: Jonathan Ernst/reuters

Aus New York Dorothea Hahn

Donald Trump hat seine erneute Kandidatur um die US-Präsidentschaft 2024 erklärt. Aber die groß angekündigte Rede von seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida war seelenlos und langatmig. Die großen Kabelsender – darunter auch sein einstiger Hofsender Fox News – brachen ihre Übertragung lange vor dem Ende seiner Rede ab.

In der Rede wiederholt Trump sein Eigenlob über seine „glorreiche“ Präsidentschaft und seine Lügen über den angeblichen Wahlbetrug 2020. Er lehnt jede Verantwortung für die schweren Niederlagen der von ihm protegierten republikanischen Kandidaten bei den Halbzeitwahlen eine Woche zuvor ab. Als Zustandsbeschreibung für sein Land wählt er seine üblichen endzeitlichen Beschreibungen. Die USA nach ihm, so Trump, seien „die Lachnummer der Welt“. Zu den Worten, die er in seiner mehr als einstündigen Rede am häufigsten benutzt, gehören „Verwüstungen“ und „Zerstörungen“, für die er die „linken und radikalen Demokraten“ verantwortlich macht.

Das Publikum besteht aus mehreren Hundert handverlesenen Leuten. Während Trump vor einer Batterie von US-Fahnen spricht, hören sie stehend zu. Aber ihre Begeisterung hält sich in Grenzen, der Applaus ist tröpfelnd. Auffallend ist die komplette Abwesenheit der Führungsriege der Republikanischen Partei, inklusive einiger der engsten Trump-Vertrauten. Selbst seine älteste Tochter Ivanka und ihr Mann Jared Kushner, einst seine engen Mitarbeiter im Weißen Haus, lassen sich nicht blicken.

Zahlreiche andere republikanische Politiker, darunter potenzielle Konkurrenten von Trump im Jahr 2024, waren in den Stunden vor der Veranstaltung öffentlich auf Distanz gegangen. Sein einstiger Vizepräsident Mike Pence erklärte in einem Interview: „Ich glaube, wir werden 2024 eine bessere Wahl haben“. Mick Mulvaney, einer von Trumps Stabschefs im Weißen Haus, sagt: „Er ist der einzige Republikaner, der verlieren kann“. Und Laura Ingraham, rechte Moderatorin und eine von Trumps ideologischen Wegbereitern in Radio und Fernsehen, macht deutlich, dass sie 2024 jemand anderen unterstützen wird: „Es geht nicht um eine Person, nicht um ein Ego“.

Mit seiner ungewöhnlich frühen Kandidatur zwei Jahre vor der Wahl hat der 76-Jährige alle anderen potenziellen Präsidentschaftsbewerber seiner Partei überrumpelt. Die meisten sind zwei bis drei Jahrzehnte jünger und haben in den letzten Jahren als seine Alliierten Karriere in der Partei gemacht. Der gegenwärtig bestplatzierte von ihnen ist Ron DeSantis. Bei den Midterms hat er mit 20 Prozent Vorsprung zum zweiten Mal die Gouverneurswahlen in Florida gewonnen.

DeSantis’ Name ist auch in Mar-a-Lago präsent: Wenige Stunden vor Trumps Rede zieht ein Flugzeug mit einem Banner Kreise über Trumps Anwesen: „Du hast wieder verloren, Donald. #DeSantis2024“. Trump revanchiert sich, indem er DeSantis am Abend mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen lobt er Greg Abbott. Der Republikaner hat vergangene Woche zwar auch eine neue Amtszeit als Gouverneur von Texas gewonnen, ist aber für Trump bislang nicht annähernd so gefährlich wie DeSantis.

Vieles klingt wie eine Wiederholung von Trumps erster Kandidatur im Juni 2015. Wie damals schießt Trump mit Worten scharf gegen Immigranten. Er zieht dieselbe direkte Linie von Immigranten zu Drogendealern. Verlangt die Abschiebung von Kriminellen und die Todesstrafe für Dealer. Und kündigt mehr Mauer an der Südgrenze an.

Kevin McCarthy Die Republikaner*innen im Repräsentantenhaus haben ihren bisherigen Fraktionschef als Vorsitzenden der Kongresskammer nominiert. Aber 188 Stimmen für den 57-Jährigen standen 31 Abweichler*innen gegenüber, die für den Rechtsaußen-Abgeordneten Andy Biggs aus Arizona stimmten. Ob McCarthy bei der Wahl am 3. Januar tatsächlich die notwendige Mehrheit von 218 Stimmen bekommt, bleibt damit unklar. Der ultrakonservative Abgeordnete Matt Gaetz aus Florida sagte: „Wer glaubt, dass Kevin McCarthy Vorsitzender wird, der glaubt, dass er in sechs Wochen die Stimmen zusammenbekommt, die er in den letzten sechs Jahren nicht bekommen konnte.“

Mitch McConnell Auch im Senat sieht sich Fraktionschef Mitch McConnell einer Opposition gegenüber, angeführt von Floridas Senator Rick Scott, der ihm den Chefposten streitig machen will. Im Hintergrund steht auch ein Streit über die Ursache des schlechten Abschneidens bei den Halbzeitwahlen. Während McConnell über „schlechte Kandidatenauswahl“ klagt, macht Scott mangelnde politische Visionen der Führung verantwortlich. (pkt)

Wie damals verspricht er, als Präsident werde er die Amtszeiten von Kongressabgeordneten begrenzen und ihnen Lobbyarbeit nach dem Ende ihres Wahlamtes verbieten. In seinen vier Jahren im Weißen Haus allerdings hat er keine Anstalten gemacht, dieses Versprechen umzusetzen, das den Kongress gegen ihn aufgebracht hätte. Und selbst die Mauer, die eine zen-trale Rolle in seinem Programm spielte, ist während seiner Amtszeit nur um 47 zusätzliche Meilen länger geworden.

Gegenüber 2015 neu hinzugekommen ist das „China-Virus“, womit er das Corona-Virus meint. Neu ist auch seine Lobeshymne auf seine Bewegung, die er als „die größte der Geschichte“ bezeichnet. Und neu ist seine Selbstdarstellung als „Opfer“, womit Trump die Dutzenden von Ermittlungs- und Gerichtsverfahren meint, die sich unter anderem mit dem Verdacht von Korruption, Druck auf Wahlhelfer und Steuerhinterziehung befassen.

Den alten Slogan „Macht Amerika wieder groß“ will Trump weiter benutzen. In Mar-a-Lago taucht der Slogan auf ein paar roten Schirmmützchen und als Wanddekoration auf.

Der Trump des Jahres 2022 bringt keine Überraschungen. Alles, was er in Mar-a-Lago sagt, ist alt und oft gehört. Von den „Fake Media“ bis zu dem „feuert Nancy Pelosi“. Selbst die Ankündigung seiner Kandidatur klingt so leidenschaftslos, als würde er selbst nicht daran glauben, dass er 2024 eine Chance hat.

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