Brasilien nach der Wahl: Bolsonaros vage 2 Minuten

Brasiliens abgewählter Präsident Bolsonaro spicht davon, die Regierungsübergabe einzuleiten. Seine An­hän­ge­r*in­nen protestieren dennoch weiter.

Jair Bolsonaro spricht

Jair Bolsonaro nach seiner wahlniederlage am 1. November in Brasilia Foto: Eraldo Peres/ap

SãO PAULO taz | Brasilien diskutiert über eine zweiminütige Rede. 45 Stunden nach seiner Wahlniederlage trat Präsident Jair Bolsonaro am Dienstagnachmittag vor die Presse. Er gratulierte weder Luiz Inácio „Lula“ da Silva zum Wahlsieg, noch gestand er direkt seine Niederlage ein. Bolsonaro bekannte sich aber zur Verfassung und ließ über seinen Stabschef verlauten, die Amtsübergabe werde eingeleitet.

Auf dem Twitter-Profil des Obersten Gerichtshofes hieß es, die Regierung habe mit dieser Ankündigung die Wahlergebnisse anerkannt. Laut Presseberichten soll Bolsonaro bei einem Treffen mit Rich­te­r*in­nen des Gerichtshofes gesagt haben: „Es ist vorbei.“ Am 1. Januar soll der am Sonntag gewählte Lula, der das Land bereits von 2003 bis 2011 regierte, in der Hauptstadt Brasília vereidigt werden.

Bolsonaro wandte sich in seiner Rede auch direkt an seine An­hänger*innen, die derzeit im ganzen Land Straßen blockieren. Diese sollten keine Methoden „der Linken“ anwenden und nicht das „Recht auf Kommen und Gehen“ einschränken. Doch er sprach auch davon, dass die Blockaden Folge von „Wut und einem Gefühl von Ungerechtigkeit über den Wahlprozess“ seien.

Für Matheus Leitão, Analyst der Wochenzeitung Veja, spielt Bolsonaro mit seiner Rede ein „doppeltes Spiel“. So sehen das auch viele andere Beobachter*innen. Auf der einen Seite hat er seine An­hän­ge­r*in­nen nicht vor den Kopf gestoßen, sie sogar bestätigt. In Telegram-Gruppen wird Bolsonaros Rede gefeiert und als Unterstützung ihrer Aktionen gedeutet. Auf der anderen Seite hat er seine Verfassungstreue betont und so eine allzu scharfe Gegenreaktion abgewendet.

Etliche Verbündetet haben bereits Wahl anerkannt

Dass Bolsonaro nicht den großen Bruch sucht, liegt auch am Druck von außen. Etliche Verbündete haben die Wahl bereits anerkannt, auch im Ausland setzen viele auf einen Machtwechsel. US-Präsident Joe Biden zählte am Sonntag zu den ersten Gratulanten Lulas.

Bolsonaro könnte auch versuchen, sich Verhandlungsspielraum zu verschaffen – denn ­gegen den ultrarechten Politiker laufen mehrere Ermittlungsverfahren, die ihm ohne seine präsidentielle Immunität gefährlich werden könnten.

Mehrere Bolsonaro-nahe Politiker sowie der prominente evangelikale Pastor Silas Malafaia riefen die rechten De­mons­tran­t*in­nen dazu auf, die Straßen freizumachen. Man solle sich nun auf die Wahl in vier Jahren konzentrieren. Am Mittwoch waren zwar weiterhin einige Straßen besetzt. Laut der Tageszeitung Folha de São Paulo waren es aber weniger als in den Tagen zuvor.

Alexandre de Moraes, Richter am Obersten Gerichtshof und Präsident des Wahlgerichtes, hatte bereits am Montag angeordnet, die Straßen räumen zu lassen. In vielen Regionen ging die Polizei gegen die Blockaden vor, teils auch mit Tränengas. In São Paulo nahm sich eine ungewöhnliche Gruppe der Sache an: Ultras des Fußballklubs Corinthians vertrieben bei einer Blockade die dort versammelten Bolsonaristen.

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