: Reiche sollen für Schwache zahlen
Die Grünen versprechen viele gute, sehr soziale Taten – und lassen lieber offen, wer sie genau finanzieren muss
BERLIN rtr/taz ■ „Solidarische Modernisierung und ökologische Verantwortung“ – so heißt der Entwurf für das Bundestagswahlprogramm der Grünen, den der Vorstand geschrieben hat. Die Vertreter der Basis können auf dem Parteitag am 9./10. Juli noch Änderungen beschließen.
Die Lohnnebenkosten für Geringverdiener sollen sinken. Für die Beiträge zur Sozialversicherung sind bei Arbeitsverhältnissen im unteren Einkommensbereich Zuschüsse geplant.
Bei der Einkommensteuer sollen Unternehmen und Privatpersonen getrennt behandelt werden. „Wir wollen die Steuern für den Mittelstand auf niedrigem Niveau belassen. Zugleich wollen wir aber die Steuererträge bei privaten Spitzenverdienern wie Chefärzten und Managern erhöhen.“ Damit der Staat mehr Geld hat: für die Lohnkostenzuschüsse, für Bildung und Betreuung sowie Schuldenabbau. Hierzu, heißt es, „könnte“ die Neueinführung der Vermögensteuer auf private Vermögen beitragen. Auch „höhere Erbschaften“ sollen höher besteuert werden. Genauere Angaben oder konkrete Zahlen: keine. Bis auf eine: Für ihn sei klar, dass man ab einem Einkommen von 500.000 Euro Spitzenverdiener sei, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer.
Die gesetzliche Krankenversicherung soll in eine Bürgerversicherung umgewandelt werden, in die auch Beamte, Freiberufler und Politiker einzahlen. Auch für die Pflege soll es eine Bürgerversicherung geben.
In der Arbeitsmarktpolitik plädieren die Grünen für weitere Änderungen an Hartz IV. Der Regelsatz beim Arbeitslosengeld II (345 Euro) soll angehoben werden. Wie hoch, ist unklar. Angestrebt wird eine Angleichung der Regelsätze zwischen Ost und West, die stärkere Entkoppelung des Hilfebezugs vom Partnereinkommen und Freistellung von Altersvorsorgeaufwendungen.
Für Vollbeschäftigte regen die Grünen an, „Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit bei anteiligem Lohnverzicht zu prüfen“. Auf dem Parteitag wird entschieden, wie Mindestlöhne eingeführt werden sollen. Bütikofer favorisiert „regional und branchenspezifisch differenzierte Mindestlohnregelungen“.
Die Autofahrer werden beruhigt: „Angesichts der Energie- und Ölpreise planen wir keine Erhöhung der Ökosteuer.“ Wohl aber wollen die Grünen weiter „umweltschädliche Subventionen, wie die Entfernungspauschale, sowie Agrar- und Kohlesubventionen abbauen“.
In der Energiepolitik wollen die Grünen „weg von Öl und Atom“. Bis zum Jahr 2020 soll ein Viertel der gesamten deutschen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffen stammen.
Im Bildungsbereich fordern die Grünen die Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrer, ein gebührenfreies Erststudium und, natürlich: mehr Geld für Forschung und Entwicklung.
Familie und Beruf sollen besser vereinbar sein. Geplant sind ein Rechtsanspruch auf einen Tagesbetreuungsplatz auch für Kinder unter drei und ein „kostenfreies Vorschuljahr“.
In Außen- und Sicherheitspolitik lautet die Bilanz: „Die anfangs sehr umstrittenen Militäreinsätze auf dem Balkan und in Afghanistan dienen heute der Gewalteindämmung und sind notwendige Voraussetzung für einen friedlichen Aufbau.“ LKW
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