Machtmissbrauch durch Fußballprofis: Die Frau als Trophäe
Eine Recherche zeigt, wie Fußballer in Beziehungen zu Gewalttätern werden. Das liegt das auch am Frauenbild in der Branche.
E s sind grauenhafte Geschichten. Sie erzählen von Gewalt in der Beziehung, von Vergewaltigung oder psychischem Druck. Es sind Geschichten, die in der Welt des Profifußballs spielen. Neun Frauen, die Beziehungen zu namhaften Profis hatten, haben sich dem Rechercherportal correctiv.org und der Süddeutschen Zeitung anvertraut. Sie berichten vom Druck, der nach ihren Gewalterfahrungen auf ihnen lastet. Auch nach Beendigung ihrer Beziehung leiden sie weiter. Verschwiegenheitserklärungen, zu deren Unterzeichnung sie gedrängt werden, machen es ihnen unmöglich, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Keine möchte ihren Namen nennen.
Derweil wird vermeldet, dass Mason Greenwood, Profi beim englischen Rekordmeister Manchester United, in Haft genommen wurde. Nach Vergewaltigungsvorwürfen wird gegen ihn ermittelt. Gegen Kaution und unter Auflagen war er auf freiem Fuß. Weil er gegen eine dieser Auflagen verstoßen hatte, wurde er nun in Haft genommen. Er hatte Kontakt zu der Frau aufgenommen, die ihm die Vergewaltigung vorwirft.
Einen freien Spieltag hatte Atakan Karazor, Verteidiger beim Bundesligisten VfB Stuttgart. Nach seiner fünften Gelben Karte war er gesperrt. Vielleicht hat er Zeit mit seiner neuen Freundin verbracht. Die Bild-Zeitung hat die junge Frau vor zwei Wochen unter der Schlagzeile „Seine neue nach dem Ibiza-Knast“ der Boulevardöffentlichkeit vorgestellt. Karazor war im Juni auf Ibiza festgenommen worden, nachdem ihn eine 18 Jahre junge Frau angezeigt hatte. Zusammen mit einem Freund sei sie von Karazor vergewaltigt worden. In dem Fall wird noch ermittelt. Karazor ist auf Kaution frei und genießt das Vertrauen des VfB, der den Unschuldsbekundungen seines Spielers glaubt. Seiner neuen Freundin ist gewiss nur das Beste zu wünschen für ihre Beziehung.
Begonnen hat sie jedenfalls schon einmal, wie so viele Partnerschaften von Frauen mit Profis anfangen – mit einer voyeuristischen Berichterstattung im Boulevard: Schaut her, so sieht sie aus. Der Blick auf die Freundinnen und Frauen von Fußballern ist durch und durch sexualisiert. Die schier unzähligen Bildergalerien im Netz mit Titeln wie „Die schönsten Spielerfrauen“ sind Beleg dafür. Frauen werden von Profis wie Trophäen auf ihren Instagram-Account präsentiert. Schon da zeigt sich, dass für Frauen in der Welt des Männerprofifußballs oft nur eine Rolle reserviert ist: die als Objekt der Begierde. Was in einigen Fällen zu Gewalt und Missbrauch führt, nimmt hier seinen Anfang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“