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Volksentscheid Berlin 2030 klimaneutralWo ist die Bewegung hin?

Kommentar von Claudius Prößer

Der Klimaneutral-Volksentscheid wackelt, aber warum eigentlich? Treibt das Thema doch weniger Menschen um, als es scheint?

Volle Klimademos, aber zu wenig Unterschriften – wie kann das sein? Foto: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

D as letzte Zwischenergebnis beim Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ wirft Fragen auf. 76.000 Unterschriften wurden laut Landeswahlleiter bis vor einer Woche eingereicht, bei einer Ungültigkeitsquote von 26 Prozent. Auch wenn die Initiative nach eigenen Angaben mittlerweile 100.000 zusammenhat, macht das vier Wochen vor Ultimo noch keine 80.000 gültigen, weniger als die Hälfte der benötigten Anzahl. Warum ist das so? Bewegt uns das Schicksal des Erdklimas – also auch unser eigenes und das der folgenden Generationen – nicht jeden Tag und jeden Tag ein bisschen mehr?

Vielleicht – es wäre die ernüchterndste Variante – liegt es einfach daran, dass die klimabewegte Blase, in der neben der taz viele andere, gerade auch die „sozialen“ Medien schwimmen, kleiner ist als vermutet. Vielleicht zucken „da draußen“ eben doch viel mehr Menschen mit den Schultern, wenn sie die jüngste Unheilsbotschaft hören. Vielleicht stehen ja auch die Zeichen vor dem Hintergrund der multiplen Dauerkrisen auf Verdrängung. Immerhin befindet sich die Welt auf der Schwelle zu einem Atomkrieg, aber die Leute gehen Eis essen, weil der Oktober so schön warm ist.

Es kann natürlich auch an den Inhalten des Volksbegehrens liegen: Vielleicht erscheint vielen die Forderung, Berlins Klimaziele per Gesetz vorzuziehen, manchen zu radikal – sprich: nett gemeint, aber nicht umsetzbar. Sagen ja auch die Grünen. Oder ist das Ziel nicht konkret genug? Auch Papier, auf das Gesetzblätter gedruckt werden, ist geduldig, und wer sagt denn, dass eine solche Zuspitzung tatsächlich bewirken würde, dass die Politik plötzlich das Lenkrad herumreißt? Sorry für die Kfz-Metapher.

Organisation ist (nicht) alles

Nicht wegzudiskutieren ist, dass die beste Volksbegehren-Kampagne nur Erfolg haben kann, wenn sie gut orchestriert ist und von vielen Freiwilligen auf die Straße getragen wird. „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat es vorexerziert, mit gefühlter Omnipräsenz in allen Stufen des Verfahrens, witzigen Plakatmotiven und originellen Aktionen. Da kann, ja muss „Berlin 2030 klimaneutral“ im Endspurt deutlich nachlegen. Bloß: Wenn sich bislang laut Initiative selbst aus den eigenen Reihen nur jedeR fünfte zum Sammeln motivieren ließ, verweist das wieder auf andere als rein praktische Gründe.

Welche, das wird man später noch ausdiskutieren müssen. Oder hatten Sie hier jetzt eine Antwort erwartet?

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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1 Kommentar

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  • Ja, woran liegt’s? Neben der Tatsache, dass die Menschen aus den eigenen Reihen zumeist einem regulären Job nachgehen, in mehreren Initiativen tätig sind und nebenbei kaum Zeit zum Sammeln übrig haben – vielleicht auch an der mangelnden Unterstützung der laut Website angeblich Unterstützenden (»Wir stehen dahinter«), zu denen auch die taz gehört?



    Irgendwie erinnert dieser Kommentar an jene Typen, die sich am Tresen an ihren Getränken festhalten, auf die spärlich gefüllte Tanzfläche starren und nölen, hier sei je wenig Stimmung im Laden.



    Wie wär’s statt solch Bedien-mich-Mentalität mit: Klemmbrett schnappen und selbst mitsammeln? Die Redaktion und den Bekanntenkreis abgrasen, weitere Sammelnde rekrutieren, die wiederum weitere zum Sammeln animieren, positive Stimmung verbreiten für den Endspurt.



    Dass die Forderungen der Initiative nicht nur von der »Klimablase« verstanden und gutgeheißen werden, zeigen die mehrheitlich positiven Reaktionen auf der Straße. Die Stimmen müssen aber tatsächlich Stück für Stück eingesammelt werden und da hilft nur der Fleiß von sehr, sehr Vielen. Jede Hilfe ist willkommen, auch die des Autors!