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Londoner Rapperin EnnyErbauliche Hoffnung

Peng, und sie war berühmt: Die emanzipierte Londoner Rapperin Enny ist auf der Insel bereits ein Popstar. Mal sehen, wie weit sie kommt.

Zuversicht ist ihre Stärke: Enny Foto: Timothy Spurr

Enitan Adepitan sitzt auf einem Stuhl im Backstageraum. Ihr bleibt wenig Zeit bis zum Auftritt in Hamburg. ENNY, wie sie sich als Künstlerin nennt, wirkt konzentriert und zugleich gelassen, während ihre Stylistin sie für die Bühne schminkt. Aufgewachsen ist die 27-Jährige in Thamesmead im Südosten Londons, als Tochter nigerianischer Eltern.

Zu beiden Orten hat sie eine starke Verbindung, fühlt sich hin und her gerissen zwischen Gegenwart und Geschichte. Dieser Konflikt zieht sich auch durch ihre Songtexte: Die Identitätskrise gilt für mich und mein Team. Wir sind schwarz, britisch, aber auch afrikanisch, obwohl alles so weit entfernt liegt“, singt sie in ihrem Song „I want“. Zeilen, die viele schwarze Bri­t:In­nen nachempfinden können. Trotzdem weiß ENNY, woher sie kommt: „Ich bin eine Künstlerin aus Südlondon“, sagt sie lächelnd, während ihre Stylistin eine Schminkpause einlegt.

Auch ihre musikalischen Vorbilder kommen aus England und Nigeria. Ihr Lieblingsrapper ist Dizzee Rascal, der für den britischen Grimesound der nuller Jahre prägend war. Eine andere Quelle der Inspiration ist Afrobeatikone Fela Kuti, aber auch zeitgenössische Künstlerinnen, wie Naira Marley nennt die Künstlerin.

Positives Selbstbild

Mit ihrer eigenen Musik möchte ENNY zum positiven Selbstbild schwarzer Frauen beitragen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Songs. Ihr bis heute bekanntester Song ist „Peng Black Girls“: „Peng Black Girl ist meine Bezeichnung für schöne schwarze Mädchen“, erklärt sie der taz.

Das Album

ENNY: „Under Twenty Five“ (Famm/The Orchard)

In dem Lied heißt es auch: „Willst du einen fetten Hintern wie die Kardashians? Nein. Willst du einen fetten Hintern wie meine Tante, yo!“ So klingt ENNYs eigene Interpretation von Körperbewusstsein: „Große Hintern von schwarzen Frauen galten als nicht begehrenswert. Erst als alle Kardashians ihre großen Hintern zeigten, war’s plötzlich schön“. Die Londonerin pfeift auf das zu Tode gerittene deutsche Kritikersteckenpferd kulturelle Aneignung: „Quatsch, es ist einfach nur eine eindimensionale Darstellung schwarzer Frauen.“

Und, das hat ENNY korrigiert. In ihrem Videoclip tauchen schwarze Frauen aller Altersgruppen, Haar- und Körpertypen auf. In anderen Szenen zollt sie Tribut an ihre nigerianischen Wurzeln. Mit einem pompösen rosafarbenen Gele, einer Kopfbedeckung für Yoruba und einem Ankara-Kleid. Mit dabei ihre eigene Mutter.

Nur Frauen im Team

Die Bewegtbilder sollen eine Geschichte erzählen, ähnlich denen in den Musikvideos der nuller Jahre. Ein wichtiges Anliegen für ENNY, das sie in den Texten anspricht, aber auch nach außen lebt. Anders als bei der Konkurrenz besteht ENNYs Team ausschließlich aus Frauen.

Die Idee von „Peng Black Girls“ beeindruckte nicht nur Fans (mehr als dreieinhalb Millionen Aufrufe auf Youtube, fünf Millionen Streams auf Spotify). Superstar Jorja Smith war auch angetan und macht einen Remix des Hits. Daraus ergab sich mehr: Die unplugged Version von „Peng Black Girls“ mit Jorja Smith wurde 20 Millionen mal auf Youtube angeschaut. Tatsächlich war es auch Smiths Manager, der ENNY half.

Der Karrierestart gelang ENNY jedoch ohne fremde Hilfe. 2018 begann sie, Songs auf Youtube hochzuladen und auf Instagram zu teilen. „Ich habe Musik gepostet, um damit Aufmerksamkeit zu erregen“, erzählt sie lächelnd und zieht dabei die Schultern hoch, als wäre es aus Versehen gewesen. Mit ihrem Debütsong „He’s not into you“, erregte sie dann die Aufmerksamkeit von deutlich mehr Leuten.

Das Lied hat ENNY ohne Majorlabel-Unterstützung veröffentlicht. „He’s not into you“ ist die gefühlvolle und humoristische Auseinandersetzung über falsche Erwartungen in romantischen Beziehungen. Mit üppiger R&B-Klangkulisse. ENNY rappt über ein Szenario, wenn man auf jemanden steht, aber die Person diese Gefühle nicht erwidert. Der Song heimste ihr einen Plattenvertrag bei FAMM ein, dem Label, bei dem auch Jorja Smith unter Vertrag steht. Ihr privater Entwurf von Liebesbeziehungen liegt abseits der Mainstream-Vorstellung – weniger romantisch, dafür realistischer.

Ernst wird sie, als es um ihre Heimatstadt geht: „Zu viele Londoner werden zu leicht obdachlos, für sie gibt zu wenig Sozialhilfe und Mieterschutz“, sagt sie der taz. Gentrifizierung bedrohe auch ihren Stadtteil im Südosten Londons. Teure Restaurants und Supermärkte verdrängen die ansässigen karibischen Imbisse. Der neue Wohlstand spült eine wachsende Zahl von Mittelschichtbewohnern und Touristen in den Südosten der britischen Hauptstadt.

Im Lied „Same old“ thematisiert ENNY Alltagsprobleme schwarzer Briten, gescheiterte Beziehungen, Gentrifizierung und die Auswirkungen des Brexit. Direkt und unmissverständlich: „Fick dich und deine Gentrifizierung. Warum kommst du in meine Gegend und versuchst alles zu verändern?“

Die Musik appelliert an die frühen nuller Jahre, es ist eine Mischung aus HipHop und R&B. Der Londonerin gelingt es damit, Gefühle zu transportieren, die sie auch mit ihren Texten anspricht. Obwohl sie sich als pessimistisch bezeichnet, steckt viel Hoffnung in ihrem upliftendem Sound. „Nun ja, es ist meine Art zu überleben.“ ENNY lächelt. Ihr Make-up sitzt.

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