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Synagogenfenster an Jom Kippur zerstört

Am höchsten jüdischen Feiertag geht die Fensterscheibe einer Synagoge in Hannover zu Bruch. Die Ursache ist noch unklar. Po­li­ti­ke­r*in­nen äußern sich bestürzt. Gemeinde fordert Umsetzung bisher nur versprochener Schutzmaßnahmen

Unweigerlich kommen Erinnerungen an den Anschlag 2019 in Halle hoch

Von Michael Trammer

Der Schock sitzt tief. Am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, ist in der Synagoge in der Haeckelstraße in Hannover eine Scheibe in etwa sieben Meter Höhe zerstört worden. Gegen 19 Uhr sei ein Schlag zu hören gewesen, sagt der Vorsitzende der Gemeinde und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael Fürst. Über der Frauenempore, in Richtung Freundallee, sei ein Fenster zu Bruch gegangen. Verletzt wurde niemand. Die Gemeindemitglieder sind schockiert. „Meine Kinder konnten in der letzten Nacht nicht schlafen“, sagt der Rabbiner Shlomo Afanasev.

Die Möglichkeit eines gezielten Angriffs ist nicht ausgeschlossen. Erst vergangene Woche hatten Unbekannte die „Wand der Namen“ der Gedenkstätte Ahlem geschändet. Die Polizei ermittelt in beiden Fällen.

„Fest steht, dass eine Scheibe kaputt ist“, sagt eine Sprecherin der Polizei Hannover. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass jemand etwas geworfen habe oder etwas hineingeflogen sei. Po­li­zis­t*in­nen seien zum Schutz vor Ort gewesen. Die stehen allerdings im Normalfall nur an der Vorderseite des Gebäudes.

Sollte sich bestätigen, dass das Fenster eingeworfen wurde, sei das keine bloße Sachbeschädigung, sagt der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD). „Jede Form der Gewalt gegen jüdisches Leben ist ein Anschlag“, heißt es von Pistorius. „Ich verurteile und verabscheue derartige Taten, die ausschließlich zum Ziel haben, Menschen zu verängstigen und einzuschüchtern, und ihnen sogar Gewalt anzutun.“

Unweigerlich kommen Erinnerungen an den 9. Oktober 2019 hoch. Ein bewaffneter Rechtsextremist hatte an Jom Kippur versucht, während des Gottesdienstes in eine Synagoge in Halle einzudringen, um einen Massenmord an Jü­d*in­nen zu verüben. Als dies misslang, erschoss er zwei Menschen und verletzte zwei schwer. Seitdem fordern jüdische Institutionen in Niedersachsen mehr Schutz.

Drei Jahre später ist der zumindest in Planung. „Erst seit dem Frühjahr 2022 können wir Mittel abrufen“, erzählt Rebecca Seidler, Geschäftsführerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover. „.Das bedeutet, dass wir jetzt Aufträge erteilen können, die dann entsprechend zeitverzögert umgesetzt werden.“ Die Landesregierung habe immer nur versprochen und nie gehandelt. „Ich habe darum gebeten, es zur Chefsache zu machen, was leider nicht passierte“, sagt Seidler.

Am Donnerstagmittag besuchten Landespolizeipräsident Axel Brockmann, Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne), Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) und weitere Po­li­ti­ke­r*in­nen die Synagoge. In der Haeckelstraße stehen Baumaßnahmen mit Kosten von bis zu 3,5 Millionen Euro an. So erzählt Michael Fürst, der Zaun werde erhöht, Kameras und Sicherheitsglas würden angebracht. „Alles hätte vielleicht vermieden werden können, wenn die Maßnahmen schneller umgesetzt worden wären“, sagt Fürst.

Kultusminster Tonne hält im Gespräch mit der taz dagegen: Die Landesregierung teile nicht die Meinung, dass sich das besonders gezogen habe. Es sei auszutarieren gewesen, welche Gelder benötigt werden.

Die niedersächsischen Grünen fordern nun, dass schnell und unkompliziert gezahlt werden solle. Auch sei die Streichung der Finanzierung der Amadeu-Antonio-Stiftung in Hannover vor knapp einem Jahr falsch gewesen. „Wir müssen in die historisch-politische sowie antisemitismuskritische Bildungsarbeit deutlich investieren und sie nicht wegkürzen“, sagt Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag.

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