Europride in Belgrad: Queere Lektion
Trotz Verbot findet in Belgrad die Europride statt. Serbien muss das aushalten, wenn es zur liberalen europäischen Staatengemeinschaft gehören will.
Bei strömendem Regen demonstrativ queer – Belgrad am 17. September Foto: Darko Vojinovic/ap
Selbstverständlich konnte niemand der Gäste aus dem europäischen Ausland wie der Einheimischen aus Serbien ernsthaft davon ausgehen, eine CSD-Parade im Kernland der Putin- und Russlandanhänger*innen könnte ein fröhliches Zeichen selbstbewusster queerer Ideen markieren. Wesentliche Teile der serbischen Polit-Elite, vom Präsidenten bis hin zu den Ministerien und dem Parlament, wollten diesen Umzug nicht.
Er passe nicht in die Zeit. Hooligans und aufgehetzte klerikalische Kräfte duldeten sie einfach nicht. Was folgte, war ein Verbot, das polizeilich dann nicht ganz so drakonisch durchgesetzt wurde. Die Organisator*innen und die ausländischen Gäste setzten sich über das Verbot hinweg und hielten sie trotzdem ab. Gut so!
Es hat zwar nicht gerade für gute Laune gesorgt, denn in Belgrad gehört es bis in liberalere Kreise hinein eben nicht zum guten Ton, eine CSD-Parade auf die Agenda der multikulturellen Festivitäten zu schreiben, so wie es hierzulande üblich ist. Was am Samstag stattfand, hatte mehr mit Antiwerbung des Landes in puncto EU zu tun als mit einem pinkwashenden Marketing für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Eine queere Parade in Belgrad, die muss Serbien eben aushalten, will sie Teil der liberal-rechtsstaatlichen und somit auch queeren Staatengemeinschaft sein. Manche meinen, der Europride habe imperialen Charakter gehabt: Weil Serbien nichts zu tun habe mit den regenbogenhaften Charakterzügen des freizügigen Europa. Mag sein, dass das auf den klerikal-nationalistischen Mainstream zutrifft.
Dann muss er eben per queerer Graswurzelbewegung in Form einer Parade darüber belehrt werden, dass die Wünsche der queeren Serb*innen wichtiger sind als jeder Respekt vor den religiös-nationalistischen Sphären der Mehrheit. Das Land, das noch rudelweise Kriegsverbrecher*innen aus den postjugoslawischen Kriegen der Neunziger Wertschätzung entgegenbringt, muss sich entscheiden: europäisch zu werden – oder nicht.
Europride in Belgrad: Queere Lektion
Trotz Verbot findet in Belgrad die Europride statt. Serbien muss das aushalten, wenn es zur liberalen europäischen Staatengemeinschaft gehören will.
Bei strömendem Regen demonstrativ queer – Belgrad am 17. September Foto: Darko Vojinovic/ap
Selbstverständlich konnte niemand der Gäste aus dem europäischen Ausland wie der Einheimischen aus Serbien ernsthaft davon ausgehen, eine CSD-Parade im Kernland der Putin- und Russlandanhänger*innen könnte ein fröhliches Zeichen selbstbewusster queerer Ideen markieren. Wesentliche Teile der serbischen Polit-Elite, vom Präsidenten bis hin zu den Ministerien und dem Parlament, wollten diesen Umzug nicht.
Er passe nicht in die Zeit. Hooligans und aufgehetzte klerikalische Kräfte duldeten sie einfach nicht. Was folgte, war ein Verbot, das polizeilich dann nicht ganz so drakonisch durchgesetzt wurde. Die Organisator*innen und die ausländischen Gäste setzten sich über das Verbot hinweg und hielten sie trotzdem ab. Gut so!
Es hat zwar nicht gerade für gute Laune gesorgt, denn in Belgrad gehört es bis in liberalere Kreise hinein eben nicht zum guten Ton, eine CSD-Parade auf die Agenda der multikulturellen Festivitäten zu schreiben, so wie es hierzulande üblich ist. Was am Samstag stattfand, hatte mehr mit Antiwerbung des Landes in puncto EU zu tun als mit einem pinkwashenden Marketing für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Eine queere Parade in Belgrad, die muss Serbien eben aushalten, will sie Teil der liberal-rechtsstaatlichen und somit auch queeren Staatengemeinschaft sein. Manche meinen, der Europride habe imperialen Charakter gehabt: Weil Serbien nichts zu tun habe mit den regenbogenhaften Charakterzügen des freizügigen Europa. Mag sein, dass das auf den klerikal-nationalistischen Mainstream zutrifft.
Dann muss er eben per queerer Graswurzelbewegung in Form einer Parade darüber belehrt werden, dass die Wünsche der queeren Serb*innen wichtiger sind als jeder Respekt vor den religiös-nationalistischen Sphären der Mehrheit. Das Land, das noch rudelweise Kriegsverbrecher*innen aus den postjugoslawischen Kriegen der Neunziger Wertschätzung entgegenbringt, muss sich entscheiden: europäisch zu werden – oder nicht.
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Schwerpunkt LGBTQIA-Communities
Kommentar von
Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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