Spannungen zwischen Supermächten: China empört über US-Hackerangriff

Die USA sollen versucht haben, eine Forschungseinrichtung anzugreifen, die dem chinesischen Militär nahesteht. Es gibt Millionen empörter Kommentare.

Ein Gebäude mit Beschriftung in China.

Ort der angeblichen US-Cyberattacke: Polytechnischen Universität in Xian Foto: Chinatopix/ap

PEKING taz | Meist sind es die USA, die mutmaßliche Hackerangriffe aus China an den Pranger stellen. Am Montag jedoch warf eine chinesische Behörde den USA vor, eine von Chinas Top-Universitäten angegriffen zu haben. Das ist doppelt ungewöhnlich. Denn normalerweise gibt Peking nicht zu, wenn es Opfer von Cyper-Spionage wurde. Und noch seltener benennt China einen konkreten Schuldigen.

Doch jetzt wurden dem Cyber-Sicherheitsexperten Robert Joyce vom US-Auslandsgeheimdienst NSA vorgeworfen, den Befehl für die Aktion gegeben zu haben. Der Vorwurf: Agenten einer NSA-Unterorganisation („Office of Tailored Access Operations“) sollen unter anderem Phishing-E-Mails an Lehrer und Studierende der Nordwestlichen Polytechnischen Universität in Xian (Provinz Shaanxi) verschickt haben, um an ihre Daten zu gelangen.

In einem staatlich autorisierten Bericht heißt es zudem, die NSA habe in den letzten Jahren mehr als 10.000 „bösartige“ Cyberangriffe auf Ziele in China durchgeführt und dabei mehr als 140 Gigabyte „wertvoller Daten“ gestohlen. Die US-Botschaft in Peking äußerte sich am Montag nicht zu den Vorwürfen, ebenso wenig die NSA.

Trotzdem hat die Causa das Potenzial für einen handfesten diplomatischen Streit. Beide Länder beschuldigen sich schließlich seit Jahren der Cyber-Spionage. Besonders heikel: Bei der betroffenen Universität handelt es sich um keine gewöhnliche Bildungseinrichtung, sondern um eine dem chinesischen Militär nahestehende Forschungsinstitution, die extrem sensible Daten in den Bereichen Raketentechnologie und Militärdrohnen auf ihren Servern gespeichert hat.

Gegenseitige Vorwürfe der Cyberspionage

Sie steht auch auf einer „schwarzen Liste“ der US-Regierung, was die Kooperationen mit US-Unternehmen und -Universitäten stark einschränkt.

Washington wirft der Volksrepublik China regelmäßig vor, sensible Technologien von US-Unternehmen mithilfe von Hackerangriffen auszuspionieren. Gegen mehrere chinesische Militäroffiziere wurde mittlerweile in den USA formell Anklage erhoben. Cyber-Spionage gehörte auch zu den Kernstreitpunkten, die letztlich den vom damaligen Präsidenten Donald Trump erklärten Handelskrieg ausgelöst hatten.

Auch europäische Politiker reden in Hintergrundgesprächen immer besorgter von einer wachsenden Zahl staatlich gesponserter Cyber-Angriffe aus China, wenn auch diese im Vergleich zu jenen aus Russland deutlich weniger ins Gewicht fallen und über die aus den USA lieber geschwiegen wird.

Im Westen kaum bekannt ist aber, dass auch Peking Ähnliches den USA vorwirft: Die Vereinigten Staaten würden demnach regelmäßig chinesische Energie- und Online-Unternehmen ausspionieren. Die Causa der Nordwestlichen Polytechnischen Universität landete am Montag direkt auf der Agenda der Pressekonferenz des Außenministeriums. Die US-Aktionen würden „Chinas nationale Sicherheit ernsthaft gefährden“, so Sprecherin Mao Ning: „Die Vereinigten Staaten sollten sofort damit aufhören, die Geheimnisse anderer Länder zu stehlen.“

Empörung im chinesischen Internet

In den sozialen Medien war dies eine der Top-Nachrichten. Bis zum frühen Abend hatten über 400 Millionen Nutzerinnen und Nutzer den entsprechenden Hashtag auf der Online-Plattform Weibo aufgerufen. Dort kommentierten viele Chinesen, dass sie keine Apple-Smartphones mehr verwenden wollten.

Andere posteten ihre Wut auf die USA: „Die Fakten haben wiederholt das wahre Gesicht der Vereinigten Staaten offenbart. Sie sind schuld daran, dass der Cyberspace unsicher und instabil ist“, schrieb ein User. Ein anderer meinte: „Wir sollten wachsam sein und uns wehren!“

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