Nord Stream 1 vor befristeter Schließung: Ukraine will einspringen
Russland will die Gaspipeline Nord Stream 1 Ende August vorübergehend schließen. Deutsche Politiker:innen wittern politische Motivation. Die Ukraine will helfen.
Lieferstopp von Gazprom – Ukraine bietet Pipelines als Ersatz
Wegen des kommenden kurzen Lieferstopps für russisches Gas durch die Ostsee bietet die Ukraine ihre Pipelines als Ersatz an. „Die Kapazitäten des ukrainischen Gastransportsystems und der Route duch Polen sind mehr als ausreichend, um die Erfüllung der Lieferverpflichtungen von russischem Gas in europäische Länder sicherzustellen“. Das teilte der Betreiber des ukrainischen Gasleitungsnetzes am Freitagabend in Kiew mit.
Die Alternativroute biete sich „angesichts chronischer Unterbrechungen der Arbeit von Nord Stream 1“ an. Der russische Gasriese Gazprom hatte am Freitag angekündigt, den Gasfluss durch die Ostsee-Leitung Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten vom 31. August bis 2. September zu stoppen. Ohnehin werden derzeit nur 20 Prozent der Kapazität der Pipeline genutzt.
Russland ignoriere diese alternative Liefermöglichkeit, hieß es bei dem ukrainischen Betreiber. Es gebe keine sachlichen Gründe für eine Begrenzung der Gaslieferungen in die EU. Gazprom versuche, Druck auf die europäischen Länder auszuüben und sie von ihrer Unterstützung für die Ukraine abzubringen. Trotz des russischen Angriffskrieges erhalten einige Länder, vor allem im Südosten Europas, ihr Gas weiter im Transit durch die Ukraine. (dpa)
Badum hält neue Unterbrechung für politisch motiviert
Die Grünen-Energieexpertin Lisa Badum hält die angekündigte neuerliche Unterbrechung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 für ein politisches Manöver der russischen Führung von Präsident Wladimir Putin. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit nehme ich das an“, sagte Badum am Samstag im Deutschlandfunk. Der Vorgang zeige erneut: „Wir müssen uns von russischer Energie schnellstmöglich unabhängig machen“, hob die Grünen-Politikerin hervor.
Der russische Energiekonzern Gazprom hatte am Freitagabend angekündigt, die ohnehin bereits reduzierten Gaslieferungen durch Nord Stream 1 vom 31. August bis zum 2. September vollständig einzustellen. Begründet wurde dies mit Wartungsarbeiten. Badum sagte dazu, natürlich könne man nicht sicher sagen, ob die „Wartung“ in Wahrheit politische Gründe habe. Allerdings seien auch schon „bisherige Wartungen politisch motiviert gewesen“.
Die Grünen-Obfrau im Klima- und Energieausschuss des Bundestages sieht in der Ankündigung von Gazprom einen neuen Beleg dafür, „dass wir uns im Gas-Krieg nicht von Putin abhängig machen dürfen“. Eine strikte Absage erteilte sie Forderungen des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki, nun als Alternative die Pipeline Nord Stream 2 zu öffnen. Kubicki sei hier „absolut aus dem Holzweg“, stellte sie klar. Dies zeigten auch die Distanzierungen anderer FDP-Politikerinnen und -Politiker von dem Vorschlag. (afp)
Leser*innenkommentare
Alex_der_Wunderer
Russland schickt weniger Gas und die EU erweitert sich gegen allen Absprachen aus den 90er Jahren- Stichwort Wiedervereinigun und Natobeitritt Deutschlands... wären wohl kaum ohne Zustimmung der damaligen Sowjetunion möglich und so friedlich gewesen.
Alex_der_Wunderer
Man könnte den Eindruck gewinnen, der ganze Gas Hype soll uns Deutsche von einer recht missglückten Politik ablenken... na ja ausser den Eu- Staaten beteiligen sich immerhin noch ein knappes Dutzend anderer Staaten von insgesamt 194 Ländern an dieser ansonsten eher Sinnbefreiten Sanktiosaktion ...
fvaderno
Ein Satz im einleitenden Absatz kommt mir beinahe witzig vor. Er beschreibt eine seit langem bekannte Realität.
'Deutsche Politiker wittern politische Motivation.' Solche Maßnahmen wie die Stilllegung von North-Stream 1 dienen nur Putins Absichten. Seine Aussagen - und natürlich denen seiner Vasallen - dienen den gleichen Absichten. Er verbiegt doch die Wahrheit nach seinem Gutdünken.
Man sollte doch nicht glauben, dass eine Umleitung des Gases über die Ukraine vom Menschen- und Völkerrechtsverletzer im Kreml abgenommen wird. Er will den Westen und besonders Deutschland damit nach seinem Gusto schaden. Das wäre durch den Transport über die Ukraine und Polen nicht in seinem Sinn.
Ob man da politische Absichten 'wittern' muss? Was der Möchte-Gern-Zar will ist doch klar.
Ob nach den 3 Tagen wieder Gas nach Westen fließen wird, ist doch so zweifelhaft, dass man auf die Einstellung der Lieferung vorbereitet sein muss. Die Gasspeicher im Westen jetzt sind schon weiter als erwartet gefüllt. Das kommt ihm nicht gelegen. Es vermindert doch seine Möglichkeit für Erpressung.
Hans Jürgen Langmann
Wenn´s nicht so mörderisch wäre, für die ukrainische Bevölkerung, es wäre eine richtige Farce.
Verbrechergas für alle. Nordstream1 ist absolut friedliches Gas, Nordstream2 verbrecherisches. Erkennt man am Geruch.
Einmal dran geschnüffelt, und man erinnert sich an nix mehr, siehe Olaf Scholz.
Und ukrainisches Gas ist neutral.
Ob´s auch brennt? Die einen sagen so, die anderen so.
adagiobarber
erwarte immer ...
das unerwartete.
wir sollten vom worst case ausgehen.
denn der it wahrscheinlicher, als daß noch 5% der möglichen liefermenge aus der pipe tröpfeln.
Le Luu
Sehr witzig: Ukraine will einspringen!
resto
@Le Luu ..mit russischem Gas.
Tim Maletz
Es bleibt die Frage, woher eigentlich die Ukraine ihr Gas bezieht. Kauft sie das in Russland ein und finanziert so den eigenen Krieg gegen sich?
Ingo Bernable
@Tim Maletz Das Gas das den Krieg gegen die Ukraine finanziert kaufen immer noch wir. Anders als bei Nord-Stream würde die Ukraine in einem solchen Szenario aber immerhin noch Durchleitungsgebühren erhalten.
Alex_der_Wunderer
@Ingo Bernable ... ach so ist es also, und wenn wir kein Gas aus Russland beziehen - finanzieren dann die Inder oder die anderen vielen Kunden von Russland , Putins " Maßnahmen " in der Ukraine ?
Zweitkorrektur
@Tim Maletz Ich denke, es wäre ja absurd, wenn du Ukraine noch Handelsbeziehungen mit Russland hätte.
Andererseits bekommt die Ukraine (würde ich mutmaßen! - ich habe keine Belege dafür) für die Durchleitung des Gases sicher eine Gegenleistung. Polen erhält ja auch eine Art "Gebühr", dafür, dass Gas durch- und weitergeleitet wird.
Wir haben uns zu stark abhängig machen lassen und haben geglaubt, die Russ:innen liefern einfach so weiter, wie im Kalten Krieg. Damals war der Westen aber nicht so geschlossen und hat Russland wirtschaftlich und militärisch in die Knie gezwungen. Wir sollten noch mehr Waffen unterstützend liefern um diesen Krieg endlich zu beenden. Vor allem aber nicht so jammern, nur weil etwas Gas fehlt.
Sich vor einer Turbine fotografieren zu lassen, als Bettelgeste (?) ... mensch muss sich nicht noch kleiner machen