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„Wir wollen den Mietern nichts vorschreiben“

Das Bremer Wohnungsbauunternehmen Gewoba setzt darauf, dass die Mieter von sich aus Energie sparen. Vorsorglich erhöht es aber die Heizkostenvorauszahlungen um 40 Prozent

Interview: Eiken Bruhn

taz: Frau Loock, warum hat die Gewoba jetzt die Vorauszahlungen für Heizkosten angepasst?

Evelyn Loock: Wir hatten Ende März schon einmal in unserem Kundenmagazin dazu aufgefordert, freiwillig die Vorauszahlungen zu erhöhen, weil die Gaspreise schon vor dem Krieg erheblich gestiegen waren, um 20 Prozent. Diesem Aufruf sind aber nur etwa zehn bis 15 Prozent unserer Mieter nachgekommen.

Und weil Sie weitere Steigerungen befürchten, haben Sie jetzt um 40 Prozent erhöht?

Ja, aber auch, weil viele unserer Mieter Transferleistungen vom Staat bekommen und einen Nachweis für das Jobcenter oder andere Kostenträger brauchen, dass sie eine höhere Miete zahlen müssen.

Und die Jobcenter übernehmen das?

Wir haben vorher mit diesen gesprochen, und sie haben uns gesagt, dass sie das so akzeptieren. Nur wenn sie ihre Kunden als Extremverbraucher einstufen, wollen sie das nicht tun.

Was machen Sie, wenn die Mie­te­r:in­nen nicht reagieren?

Die Erhöhung greift zum 1. September, aber wegen der Urlaubszeit bei unseren Kunden und den Behörden kann es bestimmt noch etwas dauern, bis alle Daueraufträge und berechtigte Kostenübernahmen abgearbeitet und geändert sind. Wir werden jetzt nicht direkt Mahnbescheide ausstellen, sondern noch einmal an die Erhöhung erinnern. Wer nicht zahlen kann, soll uns ansprechen. Das Problem bleibt ja aber bestehen, weil dann im nächsten Jahr eine sehr hohe Nachzahlung fällig sein wird.

Können sie das Gas in einzelnen Wohnungen abstellen?

Nein, das geht technisch nicht, und wir würden es auch nicht machen. Wir hoffen auch, dass die Politik die Menschen so unterstützt, dass sie die Mieten trotz der hohen Energiepreise zahlen können.

Evelyn Loock

60, leitet beim Bremer Wohnungsbauunternehmen Gewoba die Abteilung Betriebskostenmanagement. Mehrheitsaktionär der Gewoba ist die Stadt Bremen. Dem Unternehmen gehören 42.400 Wohnungen in Bremen, Bremerhaven und Oldenburg.

Wie kamen Sie auf die 40 Prozent? Es gibt ja Meldungen, dass die Gaspreise sich vervierfachen können in kurzer Zeit.

Die 40 Prozent werden auf jeden Fall eintreten. Wir sind im Austausch mit unserem örtlichen Energieversorger SWB, der 70 Prozent der von uns benötigten Fernwärme liefert – wovon wiederum 40 Prozent aus der Müllverbrennung kommen, neben Gas und Steinkohle. Das haben wir kalkuliert und kamen auf 40 Prozent.

Das kann aber auch noch mehr werden?

Ja, aber das ist jetzt nicht voraussehbar.

Und wissen Sie schon, ob die Mie­te­r:in­nen ihren Verbrauch bereits reduziert haben, um nicht so hohe Heizkosten zu haben?

Nein, die Verbrauchsdaten für die nächste Heizkostenabrechnung liegen noch nicht vor. Wir wissen aber, dass der Verbrauch zuletzt leicht angestiegen ist, vermutlich, weil so viele Menschen im Winter 2020/2021 im Homeoffice waren.

Andere Wohnungsunternehmen wollen die Vorlauftemperaturen reduzieren oder haben das bereits getan, sodass das Wasser nicht mehr so heiß wird und die Wohnungen weniger stark geheizt werden können. Werden Sie das auch tun?

„Wir hoffen, dass die Politik die Menschen so unterstützt, dass sie die Mieten trotz der hohen Energiepreise zahlen können“

Wir bereiten uns zwar auf diese Möglichkeit vor, wollen das aber erst machen, wenn wir dazu gezwungen sind, weil wir nicht mehr genug Fernwärme bekommen.

Warum?

Wir wollen unseren Mietern nichts vorschreiben und setzen darauf, dass sie Energiespartipps umsetzen. Wir informieren dazu ausführlich in unserem Kundenmagazin, in den Büros vor Ort und sind dafür auch immer ansprechbar. Es gab ja auch diesen Fall aus Sachsen, wo ein Unternehmen nachts das Gas abgestellt hatte. Das geht aus unserer Sicht nicht. Wenn zum Beispiel die Krankenschwester nachts von ihrer Schicht kommt, muss sie warm duschen können.

Wie sinnvoll ist es, wenn Mie­te­r:in­nen die Thermostate austauschen und neuere einsetzen oder digital programmierbare?

Wenn jemand merkt, dass die Heizung sich nicht regulieren lässt, reicht ein Anruf beim Hauswart, der sorgt dafür, dass das Thermostat ersetzt wird. Und die manuellen reichen aus. Der größte Fehler, der gemacht wird, ist beim Lüften: Wenn das Fenster geöffnet wird, schlimmstenfalls sogar nur auf Kipp, das dann aber für eine längere Zeit, und die Heizung nicht heruntergedreht wird, trifft die kalte Luft auf das Thermostat, das dann „denkt“, es sei noch nicht warm genug für die eingestellte Stufe, und losbollert.

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