piwik no script img

Kinderschützer Michael Lezius tritt abDer Beharrliche

Nach dem Tod der dreijährigen Yagmur in Hamburg gründete Michael Lezius eine Stiftung für Kinderschutz. Nun sucht der 79-Jährige eine Nachfolge.

In Zukunft nur noch beratend dabei: Stiftungsgründer Michael Lezius 2016 im Hamburger Rathaus Foto: Markus Scholz/ dpa

Hamburg taz | Nachdem Yagmur 2013 in Hamburg an den Misshandlungen ihrer Mutter gestorben war, beschließt Michael Lezius, den Prozess gegen ihre Eltern zu besuchen. Er besucht auch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der versucht zu klären, wie es sein kann, dass eine Dreijährige unter den Augen des Jugendamtes, der Rechtsmedizin und des Familiengerichts über Wochen zu Tode geschlagen werden kann.

Michael Lezius sitzt nahezu jeden Tag mit Schlips und Anzug im Ausschuss und schreibt mit, was er hört. Er hört eine Kinderärztin sagen, dass sie sich nicht mit Hämatomen auskenne, dazu seien ihre spezialisierten Kol­le­g:in­nen da, er hört eine Staatsanwältin auf die Frage, wie man einen solchen Tod künftig verhindern könne, antworten, dass ihr Haus sich nicht mit der Zukunft, sondern mit der Vergangenheit beschäftige.

Lezius beschäftigt sich mit beidem und er ist entschlossen, etwas dazu beizutragen, dass Kinder wie Yagmur mehr und effektiveren Schutz erhalten. Der Kampf mit den Behörden ist nichts Neues für Lezius, der mit seiner ersten Frau zu den beiden Töchtern noch einen Pflegesohn in der Familie aufgenommen hat. „Seit dieser Zeit kämpfe ich gegen Bürokratie und Menschen, die von Kinderschutz keine Ahnung haben“, sagt Lezius, dessen Beharrlichkeit vermutlich einer der wesentlichen Gründe für seinen Erfolg ist.

2015 gründet der frühere Wirtschaftsmanager mit seinem Privatvermögen die Yagmur-Stiftung, die jährlich einen mit 2.000 Euro dotierten Kinderschutzpreis verleiht.

Mangelnde Kooperation

Aber mindestens so wichtig sind die Workshops, in denen er versucht, die Ak­teu­r:in­nen im Kinderschutz miteinander in Kontakt zu bringen. Dass etwa die Mit­ar­bei­te­r:in­nen von Jugendamt, Familiengericht, Medizin und Sozialarbeit so wenig kooperieren, hält er für das Hauptproblem im Kinderschutz. Immerhin: „In Hamburg bewegt sich etwas“, sagt Lezius, „aber noch nicht ausreichend.“ Und ganz grundsätzlich: Dass Kinderschutz nicht verpflichtender Ausbildungsteil für Ju­ris­t:in­nen und So­zi­al­ar­bei­te­r:in­nen ist, bringt Lezius in Rage.

Jetzt will er abtreten, mit 79 Jahren und nach einem Radunfall, an dessen Folgen er noch laboriert. Aber als Berater will er der Stiftung erhalten bleiben, es ist anders auch nicht vorstellbar bei einem, den das Thema so umtreibt wie ihn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!