9-Euro-Ticket kurbelt Bahnreisen an

Vor allem im ländlichen Raum haben Zugfahrten laut Statistischem Bundesamt deutlich zugenommen

Von Susanne Schwarz

Auch im zweiten Monat nach Einführung des 9-Euro-Tickets waren deutlich mehr Menschen mit dem Zug unterwegs. Die Zahl der Zugreisen über 30 Kilometer lag in diesem Juli durchschnittlich um 42 Prozent höher als im Juli 2019, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Auch für den Juni war der Vergleich schon so ausgefallen.

Mit dem staatlich subventionierten Ticket kann man für 9 Euro einen Monat lang den öffentlichen Nahverkehr nutzen – und zwar in ganz Deutschland. Das Angebot gilt nur für Juni, Juli und August.

Der Straßenverkehr blieb derweil in etwa auf dem vorherigen Niveau. Das 9-Euro-Ticket führt also eher nicht dazu, dass Menschen für ihre alltäglichen Wege das Auto stehenlassen. Stattdessen scheinen sich mehr Menschen Ausflüge und Reisen leisten zu können oder zu wollen. Dazu passt auch, dass es vor allem in ländlichen, touristischen Gegenden mehr Bahnfahrten gab. „Diese bundesweiten Ergebnisse deuten auf einen generellen Anstieg der Reisen hin“, heißt es vom Statistischen Bundesamt.

Das 9-Euro-Ticket ist Teil der Entlastungen, mit denen die Ampelkoalition den Ver­brau­che­r:in­nen durch die Energiekrise helfen will. Es hat laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft auch schon zu einer deutlichen Begrenzung der Inflation beigetragen.

Die Nachfrage nach dem Ticket ist groß. Seit dem Verkaufsstart Ende Mai wurden bundesweit insgesamt etwa 38 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Montag angab. Dabei sind diejenigen Menschen noch gar nicht mitgezählt, die ohnehin schon ÖPNV-Abos hatten, welche automatisch in 9-Euro-Tickets umgewidmet wurden. Das entspricht pro Monat 10 Millionen weiteren Tickets.

Bislang sieht es allerdings nicht danach aus, als ob die Bundesregierung das erfolgreiche Angebot in derselben oder einer ähnlichen Form fortführen würde. Zumindest für einen nahtlosen Übergang zu einem Anschlussprojekt direkt im September ist es laut dem VDV mittlerweile zu spät.

Vorschläge dazu, wie es nach dem 9-Euro-Ticket weitergehen könnte, gibt es indes viele. Auch in der Bundesregierung hat die Idee einer permanenten Lösung Fans: Neben Verkehrs-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden haben auch die Grünen ein Konzept vorgelegt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einem „großen Erfolg“. Man werde die Vorschläge „genau prüfen und evaluieren“. Sein Parteikollege und -vorsitzender, Bundesfinanzminister Christian Lindner, ist damit allerdings gar nicht einverstanden. Er beklagte eine „Gratismentalität“.