Platane sticht Hochwasserschutz

In Bremen wird ein Volksentscheid zum Schutz einiger Bäume beantragt. Den Deichschutz könnte das aufhalten

Von Lotta Drügemöller

Hochwasserschutz scheitert nicht nur am Finanziellen: In Bremen sorgt ein Streit um Bäume dafür, dass die notwendige Deicherhöhung immer weiter verschoben wird. Die Bürgerinitiative „Platanen am Deich“, die sich für den Erhalt von 136 Bäumen einsetzt, hat nun beim Bürgeramt die Zulassung zum Volksbegehren beantragt. Sie hat bereits einen Gutteil der erforderlichen Unterschriften eingereicht.

Am linken Weserufer strecken alte Platanen ihre Wurzeln tief in den Grund. Beziehungsweise: tief in den Deich. „Die Wurzeln geben ihm Halt“, argumentieren Platanenfans. „Die Wurzeln lockern den Deich auf, wenn der Sturm die Bäume rüttelt“, hält die Behörde dagegen: Unversöhnlich stehen sich die Positionen seit 2016 gegenüber.Dass die Deiche erhöht werden müssen, um für Hochwasser der Zukunft gerüstet zu sein, da sind sich alle einig. Der Plan der Stadt sieht vor: Der Deich, bisher eine Böschung aus Trümmern, wird durch ein höheres massives Bauwerk ersetzt, davor entsteht eine Promenade. Die Platanen, meinen Deichbauverband und die Bau- und Umweltbehörde, müssen jedenfalls weg; kleinere heimische Bäume sollen an ihrer statt gepflanzt werden.

Die BI will das nicht glauben – und hat 2021 ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, um Hochwasserschutz zu realisieren, ohne die Bäume zu entfernen: Eine hohe Spundwand könne hinter den Wurzeln in den Deich eingelassen werden, bei starkem Hochwasser müsste man die Wand mit mobilen Elementen zusätzlich erhöhen.

Der Schönheitsfehler: Die Baubehörde hat das Gutachten nach Prüfung in Gänze verworfen. Die Planerfirma CDM Smith rechne noch nicht mit den aktuellen Zahlen des Generalplans Küstenschutz von 2021; die Spundwand wäre nicht hoch genug. Und das Risiko bleibe: Platanen, die im aufgeweichten Deich umkippen, könnten alles destabilisieren. Der Baubeginn war ursprünglich für 2021 angesetzt – jetzt schätzt Bausenatorin Maike Schae­fer (Grüne), dass ab 2024 gefällt werden kann. Zweifel sind angebracht: Zuletzt hatte die Linke als Regierungsfraktion dem Senatskonzept die Zustimmung verwehrt. Gut möglich, dass in dieser Legislaturperiode keine Entscheidung mehr getroffen wird. Bei der Wahl hofft nun die Bürgerinitiative auf ihren Volksentscheid: Rund 23.800 Unterschriften hat die BI nun eingereicht, etwa 4.000 fehlen.