Einkauf auf der grünen Wiese: Ungeliebtes Outlet
Das „Designer Outlet Soltau“ soll um die Hälfte vergrößert werden. Lüneburg und Celle, die beiden größten Nachbarstädte, sind wenig begeistert.
Das Outlet ist kein geschlossenes Gebäude, sondern um eine offene „Plaza“ orientiert und wirbt mit einem „Shopping-Erlebnis unter freiem Himmel“. Zum Teil stehen hier nachempfundene Heidehäuschen – Fachwerkbauten mit Kunststoff-Reetdächern. Sie sollen das Bild zum „Village“ abrunden.
Das idyllische Dörfchen soll um die Hälfte vergrößert werden, wenn es nach der Stadt Soltau und den Investor:innen geht, angeführt von Sylvie Mutschler. Die Investorin will höhere Profite und, wie sie sagt, Konkurrenzfähigkeit mit anderen Outlet Centern, die zum Teil deutlich größer sind. Die Stadt Soltau erhofft sich einen Zuwachs der Bevölkerung, neue Arbeitsplätze und höhere Steuereinnahmen.
Zehn Jahres Kompromiss
Die derzeitige Verkaufsfläche von 10.000 Quadratmetern sei von Anfang an eine Kompromisslösung gewesen, sagt Daniel Gebelein, Fachgruppenleiter für Stadtentwicklung in Soltau. „Es waren 20.000 Quadratmeter im Gespräch.“ Doch Stadt und Investor:innen hätten sich auf die Hälfte verständigt, „mit einem zehnjährigem Monitoring“.
Nun sind knapp zehn Jahre vorbei. Vor der Eröffnung hatte es jahrelange Kämpfe um den Standort, die Größe und die Zulässigkeit des Projekts gegeben. Schon Ende der 90er-Jahre stellte die Stadt Soltau einen Antrag auf ein sogenanntes Raumordnungsverfahren.
Nach vielen Ablehnungen, Anträgen von Nachbargemeinden und Kompromissen gestattete das Landesministerium den Bau, wogegen auch eine Klage der Nachbargemeinde Bispingen nichts mehr auszurichten vermochte. Ursprünglich hatte das Land ein Outlet Center in Bispingen geplant, sich aber nach von der Stadt Soltau eingereichten Studien umentschieden.
Bereits kurz nach der Eröffnung des Outlets versuchte die Investorin, die Verkaufsfläche zu verdoppeln. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium lehnte das zweimal ab. Das aktuelle Raumordnungsverfahren soll das Center deshalb als Kompromiss nur um 5.000 Quadratmeter erweitern. Beim neuen Raumordnungsverfahren können sich alle Betroffenen beteiligen und Stellungnahmen abgeben, etwa benachbarte Städte. Auch die Öffentlichkeit kann sich zu den Plänen melden.
Angst um die Innenstadt
Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch teilte öffentlich mit, dass sie „Auswirkungen auf unsere Innenstadt“ befürchte. Die leide bereits unter dem „zunehmenden Online-Handel“. Zudem stehe die Erweiterung des Outlets „der dringend notwendigen Mobilitätswende entgegen“, da sie nur für noch mehr Autoverkehr sorge. Lüneburgs Stadtrat hat einstimmig eine Resolution gegen die Erweiterung verabschiedet.
Ebensoviel Gegenwind gibt es aus Celle. Oberbürgermeister Jörg Nigge ist sehr verärgert. Seine Stadt habe in den vergangenen Jahren „den Leerstand in der Innenstadt massiv reduziert“ und „alles getan, die Attraktivität zu erhöhen“. Als „Dank“ dafür müsse die Stadt nun zusehen, wie das Outlet Center wachse und wachse.
Das Beteiligungsverfahren läuft noch bis Mitte August. Dann muss das Amt für regionale Landesentwicklung in Lüneburg eine Entscheidung treffen. Auf die hofft Soltaus Planungschef Gebelein noch in diesem Jahr. Sie hätten sich gut vorbereitet, sagt er. Die von ihnen eingereichten „sehr ausführlichen Gutachten zum Einzelhandel“ würden bestätigen, dass selbst in „Worst-Case-Szenarien“ keine Beeinträchtigungen durch das Outlet vorlägen.
Die Lüneburger Heide lebe vom Designer Outlet mit, sagt Gebelein. Das Center habe positive Effekte auf den Tourismus der Region. Das sieht Celles Oberbürgermeister Nigge anders: „Das mutet nahezu lächerlich an, denn wer wählt sein Urlaubsziel schon danach aus, ob ein Outlet-Center in der Nähe ist – und noch dazu im nicht eben urbanen Raum rund um Soltau?“
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