piwik no script img

Pilz gefährdet BananenanbauFusarium TR4 Paroli bieten

Vor drei Jahren wurde der Bananenpilz erstmals in Kolumbien nachgewiesen. Seitdem läuft eine erfolgreiche Kampagne gegen dessen Verbreitung.

In Kolumbien leben ganze Regionen vom Bananenanbau Foto: Jaime Saldarriaga/reuters

Am Airport von Santa Marta flimmern die Warnhinweise über die riesigen Bildschirme in der Abfertigungshalle. „Der Schutz des Bananenanbaus ist unser aller Aufgabe“, heißt es da plakativ. Das Logo der Asbama, der Vereinigung der Bananenbauern der Region von Magdalena und der Guajira, blinkt über die Fläche, bevor ein weiterer Hinweis folgt, dass jedwedes pflanzliche Material genauso wie Erde, Arbeitskleidung als auch Schuhe auf allen Plantagen der Region verboten sind. „Tritt sauber ein und geh sauber raus“, lautet die Devise kolumbienweit seit dem August 2019 auf den und um die Bananenplantagen.

Unternehmen, Agrarministerium und auch die Branchengewerkschaft Sintrainagro tragen die Kampagne. „Es geht um die Existenz von mehr als 50.000 Familien, die von und mit der gelben Frucht leben“, so Adela Torres. Die afrokolumbianische Frau ist die Generalsekretärin der Branchengewerkschaft Sintrainagro, der 95 Prozent der Ar­bei­te­r:in­nen im kolumbianischen Bananensektor angehören.

Fusarium TR4 kann mehr als dreißig Jahre im Erdreich überleben und dringt über die Wurzeln in die Bananenstaude ein

Der bangt um die Existenz, denn ein kleiner Pilz, der im Erdreich sitzt, könnte dem konventionellen Bananenanbau den Garaus machen. „Fusarium R4T“ heißt der Schädling auf Spanisch, kann mehr als dreißig Jahre im Erdreich überleben und dringt über die Wurzeln in die Staude ein. Dort verstopft er die Blattscheiden mit feinen Fäden, unterbricht die Wasserversorgung der Pflanze, sodass die Blätter bald welken und die Staude irgendwann einknickt und stirbt.

Der wissenschaftliche Name des Bananenkillers lautet „Fusarium oxysporum f. sp. cubense, Tropical Race 4“. Kein Pestizid wirkt gegen den Schädling, der von Südostasien über Afrika nach Lateinamerika, dem weltweit wichtigsten Anbaugebiet, gelangt ist.

In Kolumbien wurde der Pilz im August 2019 in der Region La Guajira, rund zweihundert Kilometer nordöstlich von Santa Marta auf zwei Plantagen nachgewiesen. Die beiden Anbaubetriebe wurden sofort unter Quarantäne gestellt, die Stauden abgefackelt, die Region großflächig abgesperrt. Zudem wurden Kampagnen auf allen Kanälen und in den sozialen Netzen initiiert, um zu verhindern, was laut Gert Kema kaum zu verhindern ist. „Der Pilz hat seit 2014 mehrere Kontinente überquert, ist bis nach Lateinamerika gekommen“, so der Professor für tropische Pflanzenpathologie an der holländischen Agrar­universität Wageningen.

Der Pilz ist nicht kontrollierbar

„Ich schätze die Arbeit der Kolumbianer, die alles Menschenmögliche getan haben, um die Verbreitung des Pilzes zu verhindern, aber das haben auch andere Länder versucht“, meint der 63-jährige Kema. Er gibt sich nicht der Illusion hin, dass es möglich sei, den Pilz zu kontrollieren und die Fakten geben ihm recht. Trotz aller Maßnahmen ist Fusarium TR4 im Dezember letzten Jahres auf einer Plantage nahe der alten Kolonialstadt Mompox nachgewiesen worden. Sechsundsechzig Kilometer entfernt von Santa Marta.

Noch einmal wurden die Sicherheitsstandards verschärft, so wie auf der Finca Caballos II, rund dreißig Kilometer östlich von Santa Marta auf dem Weg nach Buritaca. Dort lässt der Wachschutz niemand außer die Ar­bei­te­r:in­nen auf die Farm. Für die stehen Desinfektionsbecken für die Füße und das Arbeitsgerät an jedem Eingang, denn der bananenstauden-tötende Pilz könnte an den Schuhsohlen kleben. Etwas Erde aus einer anderen Region und schwups macht sich der Pilz über die wehrlosen Bananenstauden her.

Cavendish heißt die Sorte, die heute den Markt dominiert und sie ist genauso wehrlos wie die Sorte Gros Michel, die bis in die 1960er Jahre das Nonplusultra auf dem Bananenmarkt war. Intensiver, süßer habe diese Sorte geschmeckt, die Fusarium TR1 zum Opfer fiel: In Panama entdeckt, sorgte der Pilz dafür, dass Gros Michel innerhalb von wenigen Jahren vom Bananenmarkt verschwand. Als Panamakrankheit ging die Bananenseuche in die Annalen ein, doch damals gab es mit Cavendish eine resistente Alternative. Die gibt es heute nicht, weshalb Experten wie Kema händeringend nach Ersatz forschen: einer Sorte, die wie die Wildbananen resistent gegen den mörderischen Pilz ist.

Der droht sich alsbald durch die Plantagen der wichtigsten Produzenten zu fressen. „In Piura, ganz im Norden Perus, nahe der Grenze zu Ecuador wurde der Pilz bereits festgestellt. Bis dato fehlt uns aber noch der Beweis, dass er aus Kolumbien eingeschleppt wurde“, sagt Kema.

Er leitet seit Jahren ein Forschungsprojekt, das durch das traditionelle Kreuzen eine neue, resistente Bananensorte hervorbringen soll. Fünf Jahre wird es mindestens noch dauern, bis sein Team oder eine andere auf das traditionelle Kreuzen setzende Forschungsgruppe eine Alternative präsentieren wird, meint Kema. Er attestiert der Branche, großen Fruchtkonzernen, Supermarktketten und Produktionsländern, zu lange gewartet zu haben. Mit dem Auftauchen des Pilzes vor rund 25 Jahren in Taiwan, später auf den Philippinen hätte man die heute weltweit laufenden Forschungsprojekte auflegen müssen. Doch genau das ist nicht passiert, weshalb die Zeit für Cavendish abläuft. Eine schlechte Nachricht nicht nur für deutsche Konsumenten, wo die Banane mit zwölf Kilo Pro-Kopf-Konsum nach dem Apfel die beliebteste Frucht ist.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass seit ein paar Jahren weltweit mit Hochdruck geforscht wird. Dabei laufen gentechnikbasierte Forschungsprojekte neben traditio­nellen Zuchtprojekten wie dem von Kema, aber auch Versuche, Bananen auf Substrat und nicht auf Mutterboden anzubauen. Das Konzept, im Tomatenanbau längst erfolgreich, könnte dem Pilz Einhalt gebieten. In der Branche wird auf die Idee immer noch mit ungläubigem Staunen reagiert. Der immense Aufwand einer derartigen Umstellung dürfte dafür die Ursache sein, doch der Vorteil liegt auf der Hand: Im Boden befindliche Schädlinge wie Fadenwürmer oder Fusarium TR4 wären eliminiert, so Kema. Erste Freilandversuche laufen derzeit an.

Resistenzgen eingeschleußt

Das gilt auch für gentechnisch veränderte neue Sorten, die in Austra­lien an der Universität Queensland entwickelt wurden. Basis ist eine Wildbananenart, die eine weitgehende Resistenz gegen TR4 aufweist und das entsprechende Gen (RGA2) wurde in die Kulturbanane Cavendish eingeschleust. Im Feldversuch erwiesen sich die neuen Cavendish-Linien als resistent. Ein Hoffnungsschimmer. Doch gentechnisch veränderte Sorten sind bei den Konsumenten verpönt, sodass weiter geforscht wird, wie sich die dominante Sorte Cavendish resistenter machen lässt.

Experimente mit Pilzen, die die Widerstandsfähigkeit der Bananensorte erhöhen könnten, laufen genauso wie die Analyse von Bananenmustern aus aller Welt, um sie auf ihre TR4-Anfälligkeit zu testen. Dabei sind durchaus Bananensorten wie Musa acuminata, ein Vorfahr der Cavendish-Banane, wiederentdeckt worden, die vollständig resistent sind. Doch da die Cavendish-Kulturbanane selbst keine Samen hat, vegetativ vermehrt wird und komplexe Vererbungsmuster hat, ist die Zucht einer neuen resistenten Sorte komplex und zeitintensiv, so Kema.

Der sieht sein Team jedoch auf einem guten Weg. Er betrachtet den Anbau auf Substrat als Zwischenlösung, bevor in fünf, sechs oder mehr Jahren eine neue, aus Kreuzungen hervorgegangene TR4-resistente Sorte präsentiert werden kann. Das wäre der Durchbruch, auf den die großen Fruchtkonzerne genauso wie Supermärkte warten. Doch damit allein ist es nicht getan, so Kema. Er plädiert wie etliche Kollegen für mehr Vielfalt auf den Bananenplantagen und darauf aufbauend für eine Senkung des hohen Pestizideinsatzes im konventionellen Bananenanbau.

Das geht einher mit den Plänen der EU, die Importvorgaben für Agrarprodukte deutlich zu verschärfen – der Bananenanbau wird sich wandeln müssen. Für die Konsumenten, aber auch für die Produzenten in Kolumbien ist das eine gute Nachricht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Schön recherchiert.



    Vor allen Dingen das Detail über die Sorte "Gros Michel" die sehr viel süßer und deutlich intensiver schmeckt wie die "Cavendish".



    "Gros Michel" ist durch den Pilz komplett vom Markt verschwunden. Darum vermisst sie auch niemand. Bis auf die wenigen Menschen, die jemals eine kosten durften ...