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Europäische Klimazoll-PläneVerzögerung als Chance

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Das EU-Klimapaket ist erst einmal gestoppt. Gut so: Denn jetzt könnten die Hilfsgelder für den globalen Süden gesteigert werden.

Stahlwerk Salzgitter: Wandert die Industrie ab, wäre auch dem Klima nicht geholfen Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Z u viele Verwässerungen, zu wenig Klimaschutz: Das EU-Parlament hat zentrale Punkte des großen europäischen Klimapakets gestoppt, die die Abgeordneten im zuständigen Ausschuss noch mal ganz von vorne verhandeln wollen. Mit dieser Überraschung dauert zwar jetzt alles länger, in der Verzögerung liegt aber eine Chance.

Zum Beispiel beim Klimaschutz-Zoll: Da gibt es noch viele Fragezeichen. Die Idee: Auf Importe von Industriegütern wie Stahl, Zement oder Chemiedünger in die EU soll eine Klimaabgabe fällig werden, sofern in den Exportländern nicht schon für den CO2-Ausstoß des Produkts gezahlt werden musste. So soll verhindert werden, dass europäische Unternehmen, die ein CO2-Zertifikat im Europäischen Emissionshandel kaufen müssen, einen Standortnachteil haben. Wandert die Industrie ab in Länder, in denen man billiger und dreckiger produzieren kann, wäre schließlich auch dem Klima nicht geholfen.

Aber was passiert mit den Einnahmen, die die Europäische Union so erzielen würde? Unter den Ideen ist auch der Vorschlag, europäischen Export­industrien schon wieder Gutscheine für den Europäischen Emissionshandel zu schenken, damit sie auf außereuropäischen Billigmärkten bessere Chancen haben.

An solche Bonbons haben sich die Konzerne leider schon zu stark gewöhnt. Wenn der Klimaschutz-Zoll dazu führt, dass es sie weiterhin gibt, wird er seinem Zweck nicht gerecht. Im Raum steht auch, dass man mit den Einnahmen die europäischen Hilfsgelder für Klimaschutz im globalen Süden steigern könnte – was ohnehin überfällig wäre.

Das war bisher nicht mehrheitsfähig, wäre aber wichtig. Neben wirtschaftlichen Schwergewichten wie den USA haben nämlich gerade auch Entwicklungs- und Schwellenländer Zweifel an dem Zoll angemeldet, der ihre Industrieprodukte betreffen würde. Der globale Süden trägt weniger Verantwortung für die Klimakrise als die Industrieländer der EU. Es ist interna­tio­naler Konsens, dass er beim Klimaschutz deshalb mehr Zeit bekommen soll. Das muss sich auch beim europäischen Klimaschutz-Zoll widerspiegeln.

Wandert die Industrie ab in Länder, in denen man billiger und dreckiger produzieren kann, wäre schließlich auch dem Klima nicht geholfen.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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4 Kommentare

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  • "Denn jetzt könnten die Hilfsgelder für den globalen Süden gesteigert werden."



    Die Frage ist doch, wieviel kommt an?

    Es gibt schon kleiner Projekte, die z,.B. das Abholzer von Bäumen verhindern durch Gas oder Solargeräte.



    Was wirklich helfen würde wäre ein Verbot von EU-Schiffen, die entlang der westafrikanischen Küste fischen.



    "Vor Westafrika fischen EU-Trawler die Küsten leer, was einheimische Fischer arbeitslos macht und sie zu Flüchtlingen werden lässt. Die EU wehrt sich gegen den Vorwurf."



    Link: learngerman.dw.com...Cste-aus/a-2509148

    Die Chinesen sind offenbar die Schlimmsten. Die halten sich an gar nichts.

  • Darauf wartet China, um konkurrenzlos Drecksindustrien nach Afrika nicht nur auzulagern, sondern sie gleich auszubauen.

  • Satz kommt zweimal vor:

    "Wandert die Industrie ab in Länder, in denen man billiger und dreckiger produzieren kann, wäre schließlich auch dem Klima nicht geholfen."

  • Das Klima braucht seit mehr als vier Milliarden Jahren keine Hilfe. Ist leider nicht an der Börse notiert!