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Entwicklungen im UkrainekriegRussland startet größere Offensive

Die Stadt Severodonezk erfährt den stärksten russischen Angriff im Donbass seit Wochen. Zugleich stellt der Kreml das Gas für Finnland ab.

Ein Krater, der am Rande der Donbass-Region durch russische Luftangriffe entstand

Die russische Armee im Donbass hat offenbar eine größere Offensive begonnen, um eine der letzten noch von der Ukraine gehaltenen Städte im Distrikt Luhansk einzunehmen. Das einst 100.000 Einwohner zählende, weitgehend zerbombte und entvölkerte Severodonezk liegt seit Freitag unter intensivem russischen Beschuss, melden beide Seiten. Während russische Quellen vom Beginn der „Schlacht von Severodonezk“ sprechen, bestätigte Ukraines Präsident Wolodimir Selenski in einer Ansprache in der Nacht zum Sonntag, die Lage sei „extrem schwierig“.

Am Sonntag verlängerte die Ukraine das Kriegsrecht um weitere 90 Tage. Auch die Generalmobilmachung wurde bis zum 23. August verlängert. Das Kriegsrecht gibt dem Militär erweiterte Rechte und schränkt Freiheiten ein. Bislang hatte Selenski es in drei Etappen für jeweils 30 Tage verhängt.

Militärexperten zufolge hat Russland bis zu zehn Kampfgruppen in die Offensive geschickt. Sie versuchen aus verschiedenen Richtungen, die Städte Severodonezk und Lyssytschansk einzukesseln, sturmreif zu schießen und dann einzunehmen.

Erster Versuch der Einnahme gescheitert

Vor knapp zwei Wochen war ein erster Versuch, dies zu tun, spektakulär gescheitert, als mindestens eine komplette russische Kampfgruppe bei der Überquerung des Donezk-Flusses bei Bilohoriwka westlich von Severodonezk von ukrainischen Truppen angegriffen und zerstört wurde. An dieser Stelle halten die ukrainischen Verteidigungslinien weiterhin, aber nun greift Russland aus anderen Richtungen an.

Nach britischen Erkenntnissen setzt Russland in dieser Offensive auch hochmoderne Schützenpanzer des Typs BMPT-72 ein, über die nur wenige russische Einheiten verfügen. Die auch „Terminator“ genannte Weiterentwicklung des T72-Kampfpanzers hat einen Geschützturm mit multiplen ferngesteuerten Geschützen, die in fünf Richtungen gleichzeitig schießen können, also beispielsweise auf Ziele am Boden und zugleich auf angreifende Hubschrauber.

Dass Russland diese bisher nur in Syrien erprobte Waffe jetzt im Donbass einsetzt, unterstreicht, welche Bedeutung es dieser Etappe des Krieges beimisst. Im Einsatz sollen auch abgezogene und neu ausgestattete Truppen aus der Region um Kiew sein, wo Russland Ende März abziehen musste, sowie aus Mariupol, wo die letzten ausharrenden ukrainischen Kämpfer im Asowstal-Werkskomplex im Laufe der vergangenen Woche kapituliert hatten.

Russland dreht Finnland das Gas ab

Die Auswirkungen des Konfliktes reichen über die Ukraine hinaus. Am Wochenende stellte Russland seine Gaslieferungen nach Finnland ein, wenige Tage nach dem finnischen und schwedischen Nato-Beitrittsgesuch. Der Staatskonzern Gazprom begründete dies mit der Weigerung Finnlands, in Rubel zu bezahlen. Der finnisch Gaskonzern Gasum erklärte, Gas werde nun aus anderen Quellen über die Balticconnector-Pipeline bezogen, die Finnland und Estland verbindet. Erdgas hat in Finnlands Energiehaushalt nur einen Anteil von acht Prozent.

Litauen erklärte am Sonntag, als erstes EU-Land ab sofort komplett von Strom, Öl und Gas aus Russland unabhängig zu sein. Die ukrainische Regierung äußerte ihre Hoffnung, dass der 22. Mai als der Tag in die Geschichte eingehe, an der Europa seine Energieabhängigkeit von Russland zu lösen beginnt. (mit dpa)

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