Brandes verlässt Naturschutzorganisation: WWF-Chef geht
Nachdem mehr als zwei Drittel der Belegschaft ihm in einem Brief ihr Misstrauen ausgesprochen hatten, gibt Eberhard Brandes sein Amt auf.
Was hier beiläufig mitgeteilt wird, ist der vorläufige Höhepunkt eines internen Aufstandes von Mitarbeitenden des WWF gegen die Führungsriege. Nach taz-Informationen zieht Brandes die Konsequenzen aus den Vorwürfen gegen ihn, die die taz öffentlich gemacht hatte. Brandes soll eine Liebesaffäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt haben, ohne das seinem Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien allerdings wohl tun müssen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Es steht der Vorwurf von Machtmissbrauch im Raum.
Die Affäre war intern bekannt geworden, weil die Personalchefin des WWF sie durch Zufall bemerkt hatte. Die Finanzchefin hat den WWF mittlerweile mit einer Abfindung verlassen. Ihr sollen kurz vor ihrem Ausscheiden auch noch 15.000 Euro für ein MBA-Studium finanziert worden sein. Es sei ihr zudem eine sehr lange Freistellung „bei überwiegend voller Vergütung“ gewährt worden, wie es die Personalchefin schriftlich festgehalten hat. Den Aufhebungsvertrag hatte ihren Angaben zufolge Brandes selbst aufgesetzt.
Die Personalchefin zeigte den Vorgang intern an, nutze dafür eine Hinweisgeberplattform und wandte sich an den Stiftungsrat, das Aufsichts- und Kontrollorgan der NGO. Daraufhin wurde eine externe Anwaltskanzlei mit einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis ist unter Verschluss.
Mitarbeitende gegen Brandes
Der WWF hatte den Compliance-Fall eigentlich als abgeschlossen betrachtet. Das wollte die Personalchefin aber nicht hinnehmen. Sie klagt derzeit vor dem Berliner Arbeitsgericht gegen den WWF. Die Personalerin will erstreiten, dass sie den Inhalt des Untersuchungsberichts zu sehen bekommt. Sie bemängelt auch, wie mit ihr als Whistleblowerin umgegangen wurde: Nachdem sie die Affäre gemeldet hatte, sei sie von ihren Vorgesetzten gegängelt worden. Von weiten Teilen der Belegschaft bekam sie nun Unterstützung.
Anfang Mai hatte fast die komplette mittlere Leitungsebene in einem Brief der Chefetage des WWF Deutschland ihr Misstrauen ausgesprochen. Nachdem die taz über die Vorgänge berichtete hatte, zogen in der vergangenen Woche auch die übrigen Mitarbeitenden nach.
344 von ihnen unterschrieben einen Brief, in dem sie den Stiftungsrat des WWF aufforderten, Eberhard Brandes als Vorstand abzuberufen. Das sind mehr als zwei Drittel der Belegschaft. Der WWF sei in einer Führungskrise, schreiben sie. Seine Glaubwürdigkeit sei schwer beschädigt, nach außen und nach innen. Kooperationspartner*innen und Spender*innen seien durch die Vorwürfe stark verunsichert.
Vertrauen zerstört
Die Mitarbeitenden werfen Brandes nicht nur einen intransparenten Umgang mit seinen möglichen Interessenkonflikten vor. Sie bemängeln auch, dass Brandes eine frauenfeindliche Arbeitsatmosphäre geschaffen habe.
Solche Vorwürfe waren in der Vergangenheit schon mehrfach im WWF thematisiert worden, allerdings bislang weitgehend ohne Konsequenz geblieben. Die Mitarbeitenden fordern daher einen strukturellen Neuanfang der Naturschutzorganisation, ohne Brandes und mit paritätisch besetzten Leitungspositionen. Der Druck war nun so groß geworden, dass der langjährige Chef nicht zu halten war.
Brandes Aufgaben übernimmt vorübergehend Christoph Heinrich, bisher Vorstand Naturschutz des WWF. Am Montag soll die Belegschaft auf einer Mitarbeiterversammlung darüber informiert werden, wie es weitergehen soll und das Vertrauen zwischen der Belegschaft und dem Stiftungsrat wiederhergestellt werden kann.
Bislang äußerte sich der WWF zu diesen Zusammenhängen nicht. „Der WWF Deutschland hat in den sechzehn Jahren unter Eberhard Brandes Führung die Wirkung und Wahrnehmung seiner Aktivitäten erheblich steigern können“, wird Valentin von Massow, Vorsitzender des WWF-Stiftungsrats zitiert.
Man werde „unsere Organisation und die Anforderungen an Mitarbeitende und Gremien auch in Zukunft weiterentwickeln“. Zu welchen Konditionen Brandes ausscheidet, wollte eine WWF-Sprecherin nicht sagen. „Zu Personalangelegenheiten und Details zu Arbeitsverträgen äußern wir uns grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit“, teilte sie mit.
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