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Profi-Baseball in den USAMit den Würfen einer Frau

Kelsie Whitmore spielt im Profibaseball. Sie ist nicht die erste Frau in diesem Männersport, aber die Chancen stehen gut, dass ihr viele folgen.

Kelsie Whitmore von den FerryHawks im Spiel gegen die Charleston Dirty Birds am 21. April Foto: ap/Langan

K elsie Whitmore ist 23 Jahre alt und eine historische Person. Im April unterschrieb sie nämlich einen Vertrag als Profibaseballspielerin, sogar als Pitcherin. Das ist ein Beruf, den es eigentlich nicht gibt. Für Frauen ist gemeinhin Softball reserviert. Baseball is a men’s world.

Whitmore spielt für die Staten Island FerryHawks, ein Team der Atlantic League. Die ist unabhängig von den alles dominierenden Major Leagues (MLB), aber via Partnerschaftsvertrag sind Atlantic League und MLB sehr wohl verbandelt. Zu den vielen Gründen, warum diese Kooperation sinnvoll ist, gehört auch, dass in der Atlantic League immer wieder Neues ausprobiert wird.

Whitmore ist Pitcherin, auch wenn sie in ihren ersten Spielen als Feldspielerin eingewechselt wurde. Männer, heißt es, werfen härter, 160 oder 170 km/h sind durchaus üblich, und so etwas schafft Whitmore nicht. Sie will es aber auch nicht. Bei den FerryHawks wird sie von dem Pitching-Coach Nelson Figueroa betreut. Der frühere MLB-Profi galt mit seinen 1,80 Metern und 83 Kilogramm immer als zu klein und zu leicht, und den Ball warf er bestenfalls 140 km/h schnell.

Whitmore wirft nicht hart, sondern variabel. Die Batter sollen sich selbst schaden, weil sie zu aggressiv sind

Das heißt: Figueroa ist der ideale Trainer für Whitmore. „Ich habe Kelsie gesagt, dass sie auf keinen Fall in der Lage sein wird, mittlere 90er zu werfen, um die Leute wegzupusten“, sagt Figueroa. „90er“ heißt 90 Meilen/Stunde, also über 150 km/h. Aber von Geschwindigkeitsmessungen hält er nichts. Er will vielmehr, dass Whitmore variabel, mit gutem Spin wirft: Die Batter, die auf den hart geworfenen Pitch warten, sollen sich gefälligst selbst schaden, weil sie zu aggressiv sind und weil ihr Timing nicht funktioniert.

Eine große Tradition von Frauen im Baseball

Bei den FerryHawks geht man also nicht davon aus, eine Frau verpflichtet zu haben, die irgendwann spielt wie die Männer, sondern das Experiment ist viel interessanter: Dieser Sport könnte besser werden, wenn Frauen dazukommen, die Baseball spielen, wie Frauen es machten, wenn sie denn nie hinausgedrängt worden wären.

Kelsie Whitmore wollte schon als Sechsjährige nur Baseball spielen. Ihr Vater unterstützte sie dabei. Scott Whitmore sagte der Sports Illustrated: „Ich habe nicht die Richtung vorgegeben. Das war sie selbst.“ Auf dem College aber wurde kein Frauen-Baseball angeboten, Whitmore musste zum ungeliebten Softball wechseln, wo von unten geworfen wird und der Ball größer ist. Spielerin des Jahres 2021 in der Big West Conference wurde sie.

Whitmore ist nicht die erste Frau, die ins Profibaseball drängt und sie ist auch aktuell nicht die einzige. Ihre Freundin Luisa Gauci will ihr folgen, sie drückt ihr die Daumen, aber sie kennt das Profigeschäft: Setzt sich Whitmore nicht durch, sinken auch ihre Chancen. Aber: „Ich bin eine Feldspielerin“, sagt sie und fragt: „Warum vergleicht man eine Pitcherin mit einer Infielderin?“

Fachlich hat Gauci recht, aber dass es ihr nutzen wird, ist damit nicht gesagt. Als der Baseball in Amerika begann, war es keine Seltenheit, dass Mädchen und Frauen mitspielten. Lizzy Arlington wurde in der Minor Atlantic League bei den Reading Coal Heavers in Pennsylvania zum Star eines Profimännerteams. Als sie da hinausgedrängt wurde, bildeten sich reine Frauenteams. Auch prominente Feministinnen ihrer Zeit waren hier aktiv, etwa Charlotte Perkins Gilman und Crystal Eastman.

Eine der besten Baseballspielerinnen war nach der Jahrhundertwende Alta Weiss aus Ragersville, Ohio, für die ihr Vater mangels ihr zugänglicher Mannschaften extra ein semiprofessionelles „Weiss All-Star“-Team zusammenstellte, das über die Lande zog. Das Magazin Time schätzte 1935, dass etwa zwei Millionen Amerikanerinnen in 60.000 Teams Baseball spielten.

Während des Zweiten Weltkriegs, als der Männerspielbetrieb ruhte, entstand eine reine Frauenprofiliga, der der Hollywoodfilm „A League of Their Own“ („Eine Klasse für sich“) 1992 ein Denkmal setzte – mit Madonna und Tom Hanks in den Hauptrollen. Diese Liga, anders als im Film dargestellt, existierte noch bis in die 1950er Jahre.

Nun also fordert Kelsie Whitmore das männliche Baseball-Establishment heraus, und ihre Chancen stehen nicht schlecht. „Ich werde Fehler machen, ich werde auch einmal versagen“, äußert sie realistisch. „Das gehört dazu. Mein größtes Ziel war es, hierherzukommen, um mich weiterzuentwickeln und so viel zu lernen, dass ich die beste Version meiner selbst werde.“

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989

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