Zuwanderung: Negativbilanz ist gewollt: KOMMENTAR VON EDITH KRESTA
Das Zuwanderungsgesetz ist ein Fortschritt. Trotz aller Zaghaftigkeit. Damit wurde Deutschland nach Jahren der Migration endlich offiziell zum Einwanderungsland. Die Zuwanderung wird im Gesetz jedoch eher als Risiko denn als Chance gehandelt. Kommen dürfen nun Unternehmer mit 1 Million Euro Kapital im Koffer, Topwissenschaftler und Manager.
Für diese Auserwählten allerdings ist Deutschland nicht attraktiv. Es gilt weder als besonders fremdenfreundlich noch als Forschungsparadies. Und Topmanager verdienen auch woanders gut. Immerhin wurden Integrations- und Migrationsaspekte in einem Gesetz geregelt. Allheilmittel zur Integration sind Sprachkurse. Nur: Wo jeder Fremde schnell als Konkurrent um rare Arbeitsplätze denunziert wird, kommt ein fließend Deutsch sprechender Inder nicht schneller in dieser Gesellschaft an als ein radebrechender.
Abgesehen von der Elitezuwanderung werden klare Regelungen für Zuwanderung nach wie vor vermieden. Man nutzt die „bewährten“ Instrumente. Zuwanderer alten Schlags, die so genannten Gastarbeiter, müssen draußen bleiben. Für sie gilt seit Jahren der Anwerbestopp – und damit auch die Anwerbestopp-Ausnahmeregelung. So können heute Saisonarbeiter gezielt zum Spargelstechen einreisen. Auch dringend benötigtes Pflegepersonal könnte schon bald darüber eingestellt werden. Das ist aber genau das Gegenteil einer klaren Migrationspolitik, wie man sie sich von einem Gesetz erhoffte, das Arbeitsmarktlücken definiert und dafür gezielt Arbeitskräfte ins Land holt.
Wir haben schon immer Migration gesteuert, weiß der Zuwanderungsrat in seinem Gutachten. Das ist keine neue Qualität des Gesetzes. So wurde der Zuzug von Asylbewerbern nach dem Asylkompromiss drastisch erschwert. Als Fortschritt bleibt eben dieser Zuwanderungsrat, der wie schon die Zuwanderungskommission das Gesetz wissenschaftlich begleitete. Noch nie wurde in Deutschland so kompetent über Migration geforscht und geredet. Doch leider wurde diese Kompetenz politisch wenig umgesetzt. Das rot-grüne Zuwanderungsgesetz sollte eine große Reform werden – mehr als ein Reförmchen ist es nicht geworden.
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