Kostenlose Tampons in Lichtenberg: Zwölf Spender gegen Periodenarmut
Damit die Menstruation nicht ins Geld geht: Der Bezirk Lichtenberg bietet nun in zwölf Einrichtungen kostenlos Binden und Tampons an.
Einer von zunächst zwölf Spendern hängt in der Frauentoilette des Nachbarschaftshauses in der Riebnitzstraße im Lichtenberger Ostseeviertel. Hier sitzen unter anderem das Frauenprojekt Für Sie*, eine Wohnungslosenhilfe und die Koordinierungsstelle Alleinerziehende Lichtenberg. Der Spender ist ein silberner Kasten, nicht größer als ein Schuhkarton, mit einer Öffnung für Tampons und einem Schlitz für Binden. Daneben hängt ein buntes Poster mit Infografiken, die die richtige Verwendung von Tampons erklären. An diesem Mittwoch ziert eine rote Schleife den Kasten, Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) ist zu dessen Eröffnung gekommen. Tamponautomaten in öffentlichen Toiletten sollten „so normal sein wie Seife und Handtücher“, sagt Grunst, der auch Lichtenbergs Gleichstellungsbeauftragter ist.
Die ersten zwölf Standorte mit kostenfreien Menstruationsartikeln seien, sagt er, auch ein Baustein für mehr soziale Teilhabe: In Lichtenberg-Hohenschönhausen bezieht ein großer Teil Anwohner*innen Transferleistungen, darunter auch viele alleinerziehende Frauen. Der ALG-II-Regelsatz sieht für sie knapp 17 Euro im Monat für „Gesundheitspflege“ vor, also für Medikamente, Toilettenpapier und Zahnpasta. Und eben auch für Menstruationsprodukte, zu denen nicht nur Tampons und Binden, sondern für viele auch Schmerzmittel zählen. Die fallen besonders ins Gewicht: „Wenn das Geld am Monatsende knapp wird, fragt man sich, ob man das Geld wirklich für Tampons ausgeben muss oder ob es nicht auch ein Stück Toilettenpapier tut“, sagt Eva Karpf, Leiterin des Frauenprojekts Für Sie*.
„Ein hochpolitisches Thema“
Menstruation sei ein hochpolitisches Thema, nicht zuletzt, weil sie die Schere zwischen Männern und Frauen, die überdurchschnittlich von Armut betroffen sind, noch vergrößere.
Der Beschluss des Bezirksamts geht zurück auf eine Initiative der Gruppe „Faire Periode Lichtenberg“, einen Zusammenschluss von Frauen, die im Bezirk leben und arbeiten. Im Sommer 2021 hatte die Gruppe einen Antrag in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung gestellt. Zunächst handelt es sich bei den zwölf Spendern um ein Modellprojekt.
Langfristiges Ziel ist jedoch, alle öffentlichen Toiletten in Lichtenberg mit kostenlosen Menstruationsprodukten auszustatten. Für 2023 sind dafür laut Bürgermeister Grunst im Haushalt 20.000 Euro reserviert. Eine Liste mit den Standorten der bereits aufgestellten Spender gibt es auf der Webseite des Lichtenberger Bezirksamts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja