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Testen von Menschen mit Corona-SymptomenBremen versagt

Wenn sie keinen Hausarzt für den PCR-Test haben, müssen Bre­me­r:in­nen in die Ambulanz der kassenärztlichen Vereinigung. Die ist nicht barrierefrei.

Fieber? Könnte Corona sein. Dann mal schnell zum Test! Foto: Karl-Josef Hildenbrand / dpa

Bremen taz | Es gibt Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, die schreiben Testzentren vor, dass sie barrierefrei sein sollen „oder zumindest barrierearm“. Es gibt Bundesländer wie Hamburg, da fährt der ärztliche Bereitschaftsdienst zu Kranken, um per PCR-Test zu klären, ob ihre Symptome auf Corona zurückzuführen sind.

Und es gibt das Bundesland Bremen. Das versagt beim Testen von Menschen mit Coronasymptomen. Zuständig sind dort wie überall die niedergelassenen Ärz­t*in­nen. Wie überall führen einige keine Tests durch, und nicht alle Menschen haben eine Haus- oder Kinderärztin.

In diesen Fällen muss die betroffene Person dann in die „Corona-Ambulanz“ der kassenärztlichen Vereinigung fahren – egal, wie krank oder mobil sie ist. Diese Teststation ist seit Juni 2020 provisorisch in einem ehemaligen Firmengebäude am nordöstlichen Stadtrand untergebracht. Pech, wer im Süden oder Westen Bremens lebt.

Ein Hinweisschild gibt es nicht, die Wartenden weisen den Weg. An einem Samstag im Dezember ist die Schlange nicht allzu lang, das kranke Kind steht nur zwanzig Minuten in der Kälte; vor ihm eine ältere Frau, die von einer jüngeren begleitet wird. Sie wirkt unsicher auf den Beinen und trägt ein Abzeichen für eine Sehbehinderung. Weil Begleitpersonen nicht mit hinein dürfen, geht die Frau alleine die Treppenstufen hinauf. Oben angekommen tastet sie sich an der Wand entlang.

Schmutziger Teppich, enger Flur

Drinnen wirkt alles, als wäre die Teststation erst am Vortag in aller Eile aufgebaut worden. Der Teppichboden ist schmutzig, der Flur eng. Auf Anfrage der taz sagt der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, es gehe nicht anders. Wenn jemand mitbekommen würde, dass etwa eine Rollstuhlfahrerin in der Schlange warte, könne die über eine Rampe in das Gebäude gelassen werde. Das klappe ganz gut. PCR-Tests zu Hause mache der ärztliche Bereitschaftsdienst in Bremen nicht.

In Hamburg beispielsweise ist das anders, dort fahren Ärz­t*in­nen auch zu Pa­ti­en­t*in­nen nach Hause, wenn die sich zu krank fühlen oder Sorge haben, andere anzustecken. „Zur Zeit drehen sich rund 90 Prozent der derzeit beim Arztruf Hamburg eingehenden Anrufe um das Thema Corona und die PCR-Testung“, schreibt ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg der taz. Die Testungen hätten zwar eine niedrige Priorität, heißt es, aber sie würden gemacht. Ähnlich läuft es in Berlin. Es ist anzunehmen, dass nicht in allen Fällen der Hausbesuch notwendig ist.

Dafür ist die Gefahr, jemanden anzustecken, bei zu Hause durchgeführten Tests niedriger. In Bremen wies schon vor der Omikronwelle ein handgeschriebenes Schild darauf hin, dass die Corona-Warnapp während des Aufenthalts im Testzentrum besser ausgeschaltet werden solle. Denn schließlich sind hier Kontakte mit Infizierten garantiert; es werden mehrere Personen gleichzeitig in einem Raum getestet.

Auch bei den in mehreren Bundesländern – nicht aber in Bremen – gültigen Mindestanforderungen gibt es keine Vorgaben, wie viele das maximal sein dürfen. „Die Größe der Räumlichkeiten muss dem zu erwartenden Testaufkommen entsprechend bemessen sein“, steht dort lediglich – auf Abstände sei zu achten.

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4 Kommentare

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  • In der Ambulanz liegt denke ich noch einiges im Argen. Die Mitarbeiter wirkten bei meinem Besuch verzweifelt und alleingelassen. Ich habe Mitleid, mit den Menschen, die da arbeiten. Und eine Rampe gibts auch nicht, das kann ich bezeugen!

  • Die Marodität unseres einst blühenden Staates stinkt mittlerweile aus jedem Knopfloch.

  • Über die nicht barrierefreien Testzentren und Impfmobile ärgere ich mich schon länger. Meinen Da wundern wir uns, warum es noch so viele nicht geimpfte ü60jährige gibt. Ein nicht kleiner Teil der ü60jährigen kann sich nicht stundenlang in die Schlange stellen um geimpft zu werden.



    Schon richtig boshaft ist, dass ihnen Impfmobile vor die Haustür gestellt werden, an dem man sich auch wieder stundenlang anstellen darf um dann vor 7 Stufen zu stehen, die ein Rollifahrer nicht überwinden kann. Inzwischen habe ich eine Petition an den Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft gerichtet. Inhalt: auf der Internetseite der Senatorin für Gesundheit sind die Testzentren aufgeführt. Es soll wenigstens hier darauf hingewiesen werden, welches Testzentrum barrierefrei ist oder nicht.



    Eigentlich sollen öffentliche Einrichtungen barrierefrei hergerichtet werden. Nirgendwo steht, dass das für Coronaimpf- und Testeinrichtungen nicht gilt.



    Nur die Fitten und Mobilen bekommen einen Test und eine Impfung.

  • Die Kassenärztliche Vereinigung macht mal wieder schlechte Schlagzeilen.



    Ganz ehrlich, ich habe, nach meinen Erinnerungen, noch nie was positiver über die KV gelesen. Macht und Geld scheinen im Vordergrund zu stehen aber nicht potentielle Patienten und noch weniger Menschen mit Behinderungen.