Plastikmüll aus Deutschland in die Welt: Weniger Kunststoffabfall exportiert
Kritiker warnen vor Umweltschäden durch Müllexporte. Die grüne Umweltministerin Steffi Lemke will die Ausfuhren weitgehend unterbinden.
In Deutschland anfallender Plastikabfall muss verwertet werden. Er wird zu Kunststoffgranulaten verarbeitet oder endet als Brennmasse in Kraftwerken. Die Granulate werden zur Herstellung neuer Produkte genutzt, etwa Polyesterkleidung, Mülltüten oder Straßenpoller. Dies kann auch im Ausland geschehen.
BDE-Chef Peter Kurth wertet den Rückgang der Exportmenge positiv. Es zeige sich, dass die Inlandsnachfrage nach den Rohstoffen gestiegen sei. Der Branchenvertreter gab aber zu bedenken, dass auch stärkere Importrestriktionen asiatischer Staaten und die Coronapandemie samt unterbrochener Lieferketten eine Rolle gespielt haben dürften. Der Rückgang sei aber so deutlich, dass man hieraus einen Trend ableiten könne, zumal schon im vergangenen Jahr die Exportmenge gesunken sei, so Kurth – damals um 9 Prozent.
Änderungen gab es bei der Liste der Importeure. Jahrelang war China der Hauptabnehmer. Die Qualität des Abfalls, den China aus aller Welt importiert hatte, war mitunter gering, und er wurde nur teilweise ordnungsgemäß recycelt – andere Teile blieben als Müll in der Umwelt. Peking reagierte und verschärfte vor einigen Jahren die Importregeln für Abfälle. Die Müllströme verlagerten sich. Ab 2018 war Malaysia der abnehmerstärkste Importeur von deutschem Plastikmüll. Auch Indien, Indonesien und Vietnam bekamen größere Mengen. Das hatte Folgen. So sorgte deutscher Plastikmüll für Aufsehen, der in der Wildnis von Malaysia illegal deponiert worden war.
Müllexporte nur noch in Recyclinganlagen
Der neuen Statistik zufolge ist Malaysia von Platz 1 auf Platz 4 der stärksten Importeure deutschen Plastikmülls abgerutscht. Die Menge schrumpfte von 170.000 Tonnen auf 46.000 Tonnen. Neuer Spitzenreiter sind die Niederlande mit einer Kunststoff-Importmenge aus Deutschland von 136.000 Tonnen, das waren 12 Prozent weniger als 2020. Ausfuhren in EU-Nachbarstaaten wie die Niederlande gelten als weniger kritisch, weil die Recycling-Standards dort ähnlich hoch sind. Die Türkei wiederum ist in dem neuen Ranking auf Platz 2, es ging einen Platz nach oben.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will den Export von Plastikmüll ins Ausland weitgehend unterbinden. „Ich setze mich auf EU-Ebene für ein weitgehendes Exportverbot ein“, sagte die Ministerin dem Tagesspiegel. Das lasse sich sinnvollerweise aber nur im Rahmen des EU-Binnenmarkts regulieren, damit es in der Praxis nicht immer wieder unterlaufen werde. „Außerdem will ich schon bald mit den Bundesländern besprechen, wie wir den Vollzug der bestehenden Regeln verbessern können.“ Im Ampel-Koalitionsvertrag ist vorgesehen, das der Export von Abfällen europarechtlich nur noch in „zertifizierten Recyclinganlagen“ möglich sein soll.
Umweltschützer sehen das Thema Abfallausfuhren sehr kritisch. Sie warnen vor Umweltschäden, wenn der Müll in ärmeren Staaten landet und sein weiterer Verbleib kaum kontrolliert wird. So werde die Türkei nun zu einer „traurigen Nummer 2 der deutschen Plastikmüll-Exporte“, sagt Greenpeace-Expertin Viola Wohlgemuth. Dort seien in der Vergangenheit immer wieder nicht recycelbare Abfälle gelandet. „Die Belastung ist nun so groß, das die Türkei 2021 ein Importverbot für bestimmte Plastikabfälle, zum Beispiel den Import von gemischten sowie mechanisch sortierten Kunststoffen, erlassen hat.“ Die Verbotsvorgaben seien aber zu schwach, Importe von Müll aus Deutschland blieben in der Türkei ein Problem, sagt Wohlgemuth.
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