Bildband „Between Girls“: Molly und ihre Mädchengang
Fotografin Karen Marshall begleitete eine Gruppe Mädchen von der New Yorker Upper East Side beim Erwachsenwerden. Und darüber hinaus.
Verwirrende, schwierige, aufregende Jahre sind es, zwischen später Kindheit, Pubertät und frühem Erwachsensein. So vieles geschieht zum ersten Mal: das erste Ausgehen, der erste Rausch, die erste Zigarette, der erste Kuss, der erste Liebeskummer.
„Adoleszenz“ heißt der entwicklungspsychologische Begriff dafür, von einer „Nicht Fisch, nicht Fleisch“-Phase ist umgangssprachlich oft die Rede. Molly Brover, ein Mädchen von der wohlhabenden New Yorker Upper East Side, steckte mittendrin, war 16, als sie im Herbst 1985 zufällig die Fotografin Karen Marshall kennenlernte und dazu einlud, ihren jugendlichen Alltag in Bildern festzuhalten.
Marshall, damals Mitte zwanzig, jobbte als Babysitterin bei einer Familie aus Mollys Umfeld, nahm das ungewöhnliche Angebot des Teenagers an – und tauchte schließlich tiefer in Mollys „Mädchenwelt“ (O-Ton Marshall) ein als zunächst beabsichtigt. Was als Nebenbei-Projekt einer experimentierfreudigen Jungfotografin begann, wuchs sich zu einer berührenden Langzeitdokumentation aus.
Hunderte Aufnahmen umfasst die Bilderserie „Between Girls“, „Unter Mädchen“, für die Marshall nicht nur Molly Brover, sondern auch deren beste Freundinnen Leslie, Jen, Blake und Rachel begleitet hat, und das über dreißig Jahre, bis in das erwachsene Leben der Frauen als Ehegattinnen, Mütter, Umdievierzigjährige hinein.
„Girl, you’ll be a woman soon“, lautet eine berühmte Songzeile von Neil Diamond aus den 1960ern, die in vielen Filmen zitiert ist, etwa in Quentin Tarantinos „Pulp Fiction“. Fast schon cineastisch wirken auch Marshalls Fotos der jungen „Frauen im Werden“: Molly und ihre Clique sind beim Tanzen zu Kassettenrekordersounds zu sehen, beim Herumhängen an Straßenecken, wie sie sich für den Schulball schön machen oder kleine Krisentelefonate führen.
Geprägt von ihrem eigenen Aufwachsen in den feministischen 1970ern, habe sie sich vor allem für die „schwesterlichen“ Bande zwischen den Heranwachsenden interessiert, sagt Marshall. Das Tragische an ihrem Projekt: Nur zehn Monate nachdem sie mit ihrer Kamera in Molly Brovers Leben getreten war, starb das Mädchen bei einem Autounfall. In der Erinnerung ihrer Freundinnen – und in den intimen, aber nie aufdringlichen Bildern von Karen Marshall – lebt sie fort.