Jasmin Kalarickal über Klara Geywitz' Wohnungsbaupläne: Bauen allein hilft nicht
Ein ambitioniertes Ziel hat sich die Ampel beim Bauen gesetzt: 400.000 neue Wohnungen sollen pro Jahr entstehen. Zum Vergleich: 2020 wurden rund 306.000 Wohnungen fertiggestellt. Serielles Bauen soll es nun richten. Im Grunde genommen ist das ein etwas schickerer Name für Plattenbau. Neu ist die Idee jedenfalls nicht. Teile werden industriell vorgefertigt und dann vor Ort montiert.
Es gibt auch viele Vorteile dieser Bauweise. Der Bauprozess ist schneller und oftmals kostengünstiger, es gibt weniger Baulärm vor Ort. Nur schwingt eben auch gleich die Tristesse der Großsiedlungen mit, die es so ziemlich in jeder Stadt gibt. Serielles Bauen muss aber nicht zwangsläufig so monoton aussehen. Und vielleicht ist die Vorstellung, im sanierten Altbau zu wohnen, eher im gutbürgerlichen Milieu zuhause, von der man sich auch gern verabschieden darf. Es spricht nichts dagegen, funktionell, kostensparend – und hoffentlich auch klimafreundlich und ökologisch – zu bauen. Die Ästhetik sollte dabei aber nicht unter die Räder kommen, auch wenn das bei verzweifelten Wohnungssuchenden wohl eher unten auf der Liste der Must-haves stehen dürfte. Doch wie für wen gebaut wird, war schon immer eine sehr politische Frage. Die Hufeisensiedlung in Berlin aus der Zeit der Weimarer Republik war ein Beispiel für sozialen Wohnungsbau, der zum Ziel hatte, auch Arbeiter:innen ein Wohnen mit Licht und Grün zu ermöglichen. Gutes und bezahlbares Wohnen für alle sollte auch heute das Ziel sein. Zur sozialen Frage gehört deshalb, nicht nur irgendwo günstigen Wohnraum zu schaffen, sondern auch bestehenden Segregationstendenzen entgegenzuwirken.
Womit wir beim wichtigsten Punkt wären: Bauen allein wird den Wohnungsmarkt nicht entspannen. Es bedarf auch einer vernünftigen Regulierung der Mieten. In den Metropolen wird der Neubau nur einen Bruchteil des Gesamtbestandes ausmachen. Da die Bauflächen in den Innenstädten begrenzt sind, wird vor allem an den Stadträndern gebaut werden. Aber arme Menschen an den Rand zu drängen macht keine lebenswerte Stadt aus.
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