Umverteilung geflüchteter Eltern: Stillende Mutter unter Druck
Das Migrationsamt Bremen will eine Geflüchtete in ein anderes Bundesland schicken. Ihre sechs Monate alte Tochter hätte das Recht zu bleiben.
Die zentrale Aufnahmestelle(Zast) hat Ende September die Verteilung von Amma Osei, die eigentlich anders heißt, in ein anderes Bundesland angeordnet. Nach Paragraf 15a des Aufenthaltsgesetzes können Ausländer, die unerlaubt eingereist sind, auf alle Bundesländer verteilt werden. Dies geschieht nach Quote. Osei ist Anfang des Jahres nach Bremen gekommen und hat eine Aufenthaltserlaubnis beantragt. Ende August kam der Verteilungsbescheid, in dem ihr mit unmittelbarem Zwang gedroht wird.
Der Verteilungsbescheid richtet sich nur an Osei, nicht aber an ihre Tochter, die im Mai 2021 geboren worden ist. „Die Tochter ist nicht unerlaubt eingereist und darf daher nicht verteilt werden, es ist fraglich ob sie die Mutter überhaupt begleiten dürfte“, sagt Diekmann. Gerdts-Schiffler widerspricht: „Ein Kind das in Deutschland geboren wurde, verhindert nicht die Umverteilung der restlichen Familie. Schließlich kann das Kind bei der Verteilung mit der Familie mitgehen.“ Sie beruft sich dabei auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes(OVG) vom 8. Juli 2021, bei dem ein ähnlicher Fall verhandelt wurde.
Mutter geht gegen Bescheid vor
Das OVG gesteht in seiner Begründung einem Kind quasi eine Wahlfreiheit zu, die es nicht haben kann. Schon gar nicht ein Baby von einem halben Jahr. Das Kind muss also bei einer Verteilung mitgehen, schließlich ist es von der Mutter abhängig. Der Anspruch der Tochter Oseis, in Bremen sein zu können, würde durch eine vollzogene Verteilung also nichtig werden.
Amma Osei ist gegen den Verteilungsbescheid vor das Verwaltungsgericht (VG) gezogen. Dies konnte aber kein rechtliches Hindernis feststellen. Das VG erkennt weder die Vaterschaft noch die Wohngemeinschaft der Familie an. Erbrachte Nachweise und eidesstattliche Aussagen werden als nicht glaubhaft bezeichnet. Daher spreche nichts dagegen, die Mutter auf ein Ankerzentrum zu verteilen, so die Logik des Gerichts. „Das Verwaltungsgericht hat den Aufenthalt der Tochter in Bremen nicht berücksichtigt, deswegen klagt Frau Osei jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht“, sagt Diekmann.
Das Verfahren hat keine aufschiebende Wirkung. Amma Osei könnte also jederzeit unter Anwendung von „unmittelbarem Zwang“ in ein Ankerzentrum gebracht werden.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wissings Verkehrsprognose 2040
Auto bleibt wichtigstes Verkehrsmittel
+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++
Libanon-Konferenz sagt eine Milliarde Dollar zu
Urteil im Diesel-Skandal
Erstmals ist hierzulande die Natur im Recht
Cem Özdemir will nach Baden-Württemberg
’S kann losgange
Bauhauskritik der AfD
Widersprüchlich und gerade deshalb modern
Lecks in der Gas-Infrastruktur
Jede Menge unkontrolliert entweichendes Methan