: Transatlantische Kaltfront
Nach dem Schuldenerlass ist für George Bush das Ende für Zugeständnisse erreicht – zum Nachteil für das Weltklima
VON KATHARINA KOUFEN
Das Klima zwischen Briten und Amerikanern ist für gewöhnlich mild, doch beim Thema Klimaschutz zieht gerade eine Kaltfront auf. Der Streitpunkt: Wie kann die Welt verhindern, dass die Erdtemperatur zu stark ansteigt? Auf dem G-8-Gipfel, der ab morgen im schottischen Gleneagles stattfindet, soll dies neben der Afrikahilfe Topthema sein. Doch inzwischen hat US-Präsident George Bush Gastgeber Toni Blair die Hoffnung genommen, alle acht Staats- und Regierungschefs zu einer Klimaschutzerklärung zu bewegen. Ein verbindliches Ziel zur CO2-Reduktion, wie es das Kioto-Protokoll will? „Da ist meine Antwort nein“, sagte Bush gestern dem britischen Sender ITV.
Die Amerikaner sind die größten Luftverschmutzer der Welt. Bisher weigert sich die Regierung Bush, das Klimaschutzprotokoll zu unterzeichnen, das die UNO 1997 im japanischen Kioto beschlossen hat. Darin legen sich die Unterzeichner fest, ihren Ausstoß von Treibhausgas bis 2012 um 5,2 Prozent zu reduzieren. Bush unterstrich gestern seine ablehnende Haltung: „Kioto hätte unsere Wirtschaft ruiniert.“
Stattdessen plädiert Bush nun für „neue Technologien als einen Weg, die globale Erwärmung zu bekämpfen“. Sein Land investiere bereits massiv in die Entwicklung neuer, sauberer Energie, in wasserstoffbetriebene Autos und in emissionsarme Kraftwerke. „Ich glaube, wir können Wirtschaftswachstum und Klimaschutz verbinden“, sagte Bush und wirbt für eine Abkehr von der Fixierung auf Kioto. Immerhin ist auch er einen Schritt auf seine Kollegen zugegangen: Er räumte ein, dass der Klimawandel „bis zu einem gewissen Ausmaß“ von Menschen verschuldet sei. Dies hatte die US-Regierung lange bestritten.
Blair stehen harte Gespräche bevor. Zwar kann er seinen Verhandlungspunkt eins, das Hilfsprogramm für Afrika, als Teilerfolg verkaufen, seit Bush vor drei Wochen einem Schuldenerlass für arme Länder zugestimmt hat. Doch auch hier würde Blair sich von Bush noch mehr Unterstützung wünschen. Blair nämlich will die weltweite Entwicklungshilfe von 50 auf 100 Milliarden Dollar pro Jahr verdoppeln. Dieses Geld soll durch eine Internationale Finanzfazilität (IFF) aufgebracht werden. Die G 8 würden Anleihen auf dem Kapitalmarkt verkaufen und damit den Entwicklungsländern billige Kredite zur Verfügung stellen. Doch die USA lehnen diese Idee ab, wie auch die von einer deutsch-französischen Initiative bevorzugte Kerosinsteuer. Und Blairs EU-Partner sind sowieso schlecht auf ihn zu sprechen, seit er den Brüsseler Gipfel zur EU-Finanzierung platzen ließ.
Punkt zwei, der Klimaschutz, dürfte nun ganz scheitern. Von Anfang an galt es als unwahrscheinlich, dass Blair es schaffen würde, Bush zu echten Zusagen zu überreden. Beobachter wie Philip Gordon vom Brookings-Institut in Washington vermuten daher, dass der Erfolg des Gipfels Blair gar nicht so wichtig sei – Hauptsache, er habe seinen Briten gezeigt, dass er nicht der „Pudel“ des US-Präsidenten sei, als den ihn die Medien wegen seiner Irakkriegsgefolgschaft verhöhnten. Laut der britischen Zeitung Guardian scheint Blair tatsächlich bereit, notfalls auch ohne Bush eine Erklärung zum Klimaschutz durchzusetzen.
Andere Experten glauben, dass Blair sich schlicht verschätzt hat. Demnach findet der britische Premier, Bush schulde ihm wegen seiner Beteiligung am Irakkrieg Loyalität. Doch dieser scheint der Ansicht zu sein, mit der Zustimmung zum Schuldenerlass habe er genug getan. Bush: Er folge nicht dem Prinzip „Wie du mir, so ich dir“.
Die Bundesregierung gibt sich optimistisch: Die G 8 werden sich auf eine Art Aktionsplan verständigen, so Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach. Dadurch könnte das gemeinsame Ziel bekräftigt werden, ohne dass darüber „Kioto“ stehe, jenes Reizwort für die Amerikaner. Die USA zu isolieren, hält man in Berlin für falsch. Der World Wide Funds for Nature, der gestern eine Studie zum Klimaschutz vorstellte, plädiert dagegen für eine Isolierung der USA und für „klare und konkrete Ergebnisse“ beim den Klimaschutz.
Bush selbst trat gestern die Flucht nach vorn an: Die USA seien bereit, ihre Agrarsubventionen abzubauen, doch nur, wenn „unsere Freunde in Europa“ ihre Subventionen ebenfalls streichen.
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