: Halbe CDU-NRW will in den Berliner Reichstag
Nach wochenlangem Gerangel um die besten Plätze und Wahlkreise für die mögliche Bundestagswahl stellt die nordrhein-westfälische CDU morgen ihre Landesliste auf. CDU-Bezirk Sauerland: „Friedrich Merz nicht auf die Liste“
RECKLINGHAUSEN taz ■ Wenn die CDU-NRW morgen ihre Reserveliste für die Bundestagswahl aufstellt, dürfte es feierlich und geordnet zugehen. Denn die wichtigsten Vorentscheidungen sind bereits vor der Landesvertreterversammlung in Recklinghausen gefallen. Die Top-Plätze auf der Liste werden wohl die Abgeordneten Wolfgang Bosbach (Bergisch-Gladbach), Hildegard Müller (Düsseldorf), Norbert Lammert (Bochum) und Ronald Pofalla (Kleve) einnehmen. Gestern Abend wollte der Landesvorstand über die genaue Reihenfolge beraten (bei Redaktionsschluss nicht beendet). Der prominenteste NRW-Christdemokrat könnte auf der Landesliste fehlen: „Friedrich Merz geht nicht auf die Liste“, so ein Sprecher des CDU-Bezirks Sauerland gestern zur taz. Merz kandidiert allerdings im sicheren Wahlkreis Hochsauerland.
Bei der letzten Bundestagswahl im September 2002 kam die CDU in NRW auf 35,1 Prozent. Von den 49 CDU-Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen konnten 19 ihren Wahlkreis damals direkt gewinnen, 30 wurden über die Liste gewählt. Angesichts aktueller Umfrageergebnisse von 45 Prozent könnten im Herbst über 60 NRW-Christdemokraten in das Bundesparlament einziehen. Wegen der günstigen Wahlchancen rangelten die CDUler diesmal selbst um hintere Listenplätze. „Da wittert jetzt jeder die große Chance, irgendwie nach Berlin zu kommen“, heißt es aus der Partei.
Besonders im Ruhrgebiet fand ein Hauen und Stechen um gute Plätze statt. Im Wahlkreis Bottrop wurde der 52-jährige Rudolf Haller erst nach kontroverser Diskussion und dem abrupten Rückzug eines Gegenkandidaten nominiert. Laut Lokalpresse wurde gar der Vorwurf der „Wahlmanipulation“ laut. Unstimmigkeiten begleiteten auch die Kandidatenaufstellung in Recklinghausen. Angeblich soll die CDU-Spitze massiven Druck auf die örtlichen Parteifunktionäre ausgeübt haben, damit Junge-Union-Chef Philipp Mißfelder einen Wahlkreis bekommt. Auf der Vorschlagsliste des CDU-Bezirks Ruhr steht der JU-Boss auf einem schlechten 13. Rang. Im CDU-Bezirksvorstand gab es auch heftigen Streit um die Kandidatur von Laurenz Meyer (Hamm), der Ende 2004 als CDU-Generalsekretär zurückgetreten war (taz berichtete).
Auch beim Parteitag der Mittelrhein-CDU kam es vergangene Woche zu Kampfabstimmungen. Die konservativen Delegierten aus dem Rheinland sorgten laut Teilnehmerberichten dafür, dass der umstrittene Kölner Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordnete Rolf Bietmann gleich zweimal durchfiel. Nachdem er erfolglos für bessere Listenplätze kandidiert habe, kam Bietmann schließlich auf Vorschlagsrang 6, so CDU-Bezirksgeschäftsführer Michael Arntz. Auf der NRW-Liste dürfte Bietmann eher hinten landen.
Aus den Vorschlägen der acht CDU-Bezirksverbände muss der Landesvorstand nämlich einen Kompromissvorschlag erarbeiten, der auch eine weiche Frauenquote (33 Prozent) beinhaltet. Es gilt als sicher, dass die morgige Recklinghäuser Versammlung diese Vorschläge fast komplett abnicken wird. M. TEIGELER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen