Verfassungsbeschwerde eingelegt: Zschäpe geht gegen NSU-Urteil vor

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen Beate Zschäpe bestätigt. Die NSU-Terroristin legt dagegen nun eine Verfassungsbeschwerde ein.

Beate Zschäpe im März 2017 im Oberlandesgericht München beim NSU-Prozess

Will sich mit dem NSU-Urteil nicht abfinden: Beate Zschäpe Foto: Sebastian Widmann/imago

BERLIN taz | Die Hauptbeschuldigte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, geht gegen ihre rechtskräftige Verurteilung vor. Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts bestätigte am Donnerstag der taz, dass bereits am 20. September eine entsprechende Verfassungsbeschwerde erhoben wurde. Zuvor hatte der Spiegel darüber berichtet.

Auch Matthias Grasel, Verteidiger von Zschäpe, bestätigte der taz den Vorgang. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), Zschäpes Urteil für rechtskräftig zu erklären, sei „falsch und überraschend“, so Grasel. Es widerspreche der bisherigen Rechtssprechung des BGH. Ziel sei es, mit der Verfassungsbeschwerde doch noch eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof über die Revision zu erreichen.

Zschäpe war im Juli 2018 vor dem Oberlandesgericht München als Mittäterin für die zehnfache NSU-Mordserie zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. Sie hatte dagegen vorm BGH Revision eingelegt: Sie sei keine Mittäterin, alle Taten gingen auf das Konto ihrer Kumpanen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Der BGH sieht Zschäpe als volle Mittäterin

Der BGH wies das im August per Beschluss zurück und erklärte das Urteil gegen Zschäpe für rechtskräftig. Die Beweiswürdigung weise keine Rechtsfehler auf und sei „in hohem Maße plausibel“, so die RichterInnen. Die NSU-Taten seien gemeinschaftlich begangen worden und Zschäpe habe dabei „sowohl Tatherrschaft als auch Tatinteresse“ besessen. Ohne ihr Zutun hätten die „verfolgten Ziele der Taten nicht erreicht werden können“.

Grasel und die Mitverteidiger Wolfgang Heer sowie Andreas Lickleder sehen das in ihrer Verfassungsbeschwerde anders. Zschäpe sei an keinem Tatort gewesen und habe nach eigenem Bekunden weder an den Tatplanungen mitgewirkt noch überhaupt etwas davon mitbekommen, behaupten sie. Ein bloßes Interesse am „Taterfolg“ reiche für eine Mittäterschaft nicht aus – das habe der BGH in früheren Entscheidungen auch so gesehen.

Dass es im Fall Zschäpe nun anders lief und der BGH seine bisherige Rechtsprechung ändere, „damit haben wir nicht gerechnet“, sagte Grasel der taz. Es brauche daher eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof, damit die Verteidigung auf die neue Rechtsprechungslage reagieren könne. Andernfalls würden die Grundrechte von Zschäpe beschnitten.

Entscheidung über Verfassungsbeschwerde kann dauern

Wann das Bundesverfassungsgericht indes über die Verfassungsbeschwerde entscheidet, ist völlig offen. „Ein Entscheidungstermin ist nicht absehbar“, sagte ein Sprecher der taz. Erfahrungsgemäß kann dies etliche Monate dauern.

Eine mündliche Verhandlung über die Revision eines NSU-Urteils will der BGH nur im Fall des mitverurteilten NSU-Helfers André Eminger abhalten, dem engsten Vertrauten des untergetauchten Trios. Er war zu nur zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden – die Bundesanwaltschaft hatte zwölf Jahre verlangt. Beide Seiten waren danach in Revision gegangen. Nun soll Anfang Dezember in Karlsruhe darüber beraten werden.

Auch die zwei mitverurteilten NSU-Helfer Ralf Wohlleben, zehn Jahre Haft, und Holger G., drei Jahre Haft, hatten Revision eingelegt. Beide Anträge wurden indes als unbegründet abgewiesen, die Urteile sind nun rechtskräftig. Verfassungsbeschwerden dieser beiden Verurteilten seien bisher nicht eingegangen, sagte der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts.

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