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Nie wieder Stütze

Neues Förderprogramm soll Hartz-IV-Kartei lüften: Stadt und Arbeitsagentur starten Existenzgründungshilfe für Langzeitarbeitslose

„Hamburg ist die Hochburg für Existenzgründungen in Deutschland“

von Eva Weikert

Heiko Gätgens will Ikea-Küchen aufbauen, verstopfte Rohre reinigen und Tapeten abreißen. Der arbeitslose Zimmerer hat die Stellensuche nach eineinhalb Jahren aufgegeben und werkelt jetzt an der Umsetzung einer Geschäftsidee: Als selbständiger Anbieter eines Heimwerkerdienstes ist der 38-Jährige zuversichtlich, beruflich wieder auf die Beine zu kommen. Eine Marktanalyse, die er eigens erstellt hat, weist den Bedarf an der Hilfeleistung nach. Trotzdem: Gerade einmal 40 Prozent aller Existenzgründer überleben laut Hamburger Wirtschaftsbehörde die ersten fünf Jahre. Um Nachhaltigkeit zu sichern, hat sie zusammen mit der Arbeitsagentur jetzt ein neues Förderprogramm speziell für Hartz IV-Geld-Empfänger wie Gätgens aufgelegt. Gestern wurde es präsentiert.

„Hamburg ist die Hochburg für Existenzgründungen in Deutschland“, lobte Arbeitsagenturchef Rolf Steil bei der Vorstellung des Projekts, dessen Träger das „Enigma Gründungszentrum“ in der City Nord ist. 2004 seien in der Hansestadt 9.154 Arbeitslose in die Selbständigkeit gewechselt. Auch in diesem Jahr nutzten bereits 2.500 Stützebezieher den Existenzgründungszuschuss (Ich-AG) oder das Überbrückungsgeld, um nicht in die Hartz IV-Kartei zu rutschen.

Doch die Förderinstrumente sind seit Januar nur noch Arbeitslosengeld-I-Empfängern zugänglich – also jenen, die noch kein Jahr ohne Job sind. Dabei stellen sie nur ein Drittel der erwerbsfähigen Stützebezieher.

Die Lücke für die 68.000 langzeitarbeitslosen ALG-II-Empfänger soll das Programm „Enigma Kompetenz Center“ schließen. Ein Jahr lang werden die Teilnehmer von Experten bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee begleitet und beziehen in dieser Zeit weiter ALG-II, sogar wenn Umsätze fließen. Die Wirtschaftsbehörde hält Gründerkredite von bis zu 12.500 Euro bereit. Per Einstiegsgespräch prüfe Enigma, so Chef Hajo Streitberger, „ob der Gründer zur Geschäftsidee passt“. Bei positivem Eindruck werde die Hartz IV-Behörde um Bewilligung ersucht. Im Projekt müssen die Gründer dann eine Marktanalyse durchführen sowie das Profil ihrer Leistung und ihrer Kunden bestimmen. Legen sie schließlich los, stehen ihnen Experten für Vertrieb, Recht und Buchhaltung zur Seite.

Finanziert wird das 1,5 Millionen Euro teure Programm aus dem Europäischen Sozialfonds und von der Arbeitsagentur. Das Geld reicht jedoch nur für 325 Arbeitslose – aus Sicht von Agentur-Chef Steil kein Manko: „Nicht alle ALG-II-Bezieher eignen sich für die Selbständigkeit.“

Gätgens meint es zu schaffen, weil eine Umfrage breites Interesse an seinem Service ergab. Konkurrenzlos sieht sich der ausgebildete Geselle auch beim Angebot von Wochenend- und Abendarbeit für 35 Euro die Stunde, ein leicht niedrigerer Preis als in verwandten Gewerken.

Wer nachhaltig eine Marklücke schließe, „dem ist Erfolg zu wünschen“, lobt Handwerkskammer-Sprecher Peter Haas. Anders als Agentur-Chef Steil wolle er von einem Gründungsboom aber nicht schwärmen: Wurden in 2004 doch trotz steigender Betriebszahlen im Hamburger Handwerk zwei Prozent der Arbeitsplätze abgebaut.

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