Wahlen in Usbekistan: Nach schönster Sowjetmanier
Der usbekische Präsident Mirsijojew errang mit über 80 Prozent der Stimmen einen überragenden Wahlsieg. Versprochene demokratische Rechte stehen aus.
Mitglieder der Wahlkommission bei der Stimmauszählung in Taschkent am 24. Oktober Foto: ap
Ein neues Usbekistan, wo die Rechte und Freiheiten aller Bürger*innen geschützt sind: Was dieses vollmundige Versprechen von Schawkat Mirsijojew wert ist, hat die Präsidentenwahl vom vergangenen Sonntag gezeigt – nämlich nichts. Der Amtsinhaber fährt nach 2016 mit über 80 Prozent der Stimmen erneut ein Ergebnis ein, das an glorreichste Sowjetzeiten erinnert. Zugelassen waren außer ihm nur vier von Hand verlesene Mitbewerber*innen, die das hohe Lied der Regierung sangen.
Kritische Geister, die sich dennoch anheischig machten, in den Ring zu steigen, wurden vorher aussortiert und noch dazu unter Druck gesetzt. Das war auch schon bei der Parlamentswahl 2019 so, bei der ebenfalls keine oppositionellen Parteien antreten durften. Dazu passt, dass unbequeme Journalist*innen, Blogger*innen und Aktivist*innen in den vergangenen Wochen und Monaten massiven Repressionen vonseiten des Staates ausgesetzt waren – mit dem Ziel, sie einzuschüchtern und mundtot zu machen.
Also alles wie immer in Usbekistan? Ja, aber nicht ganz. Immerhin hat sich Usbekistan nach jahrzehntelanger Abschottung seit Mirsijojews Machtantritt 2016 für das Ausland geöffnet – zur großen Freude all derer, die mit dem an Rohstoffen reichen Land ins lukrative Geschäft kommen wollen. Für Deutschland ist Usbekistan nach Kasachstan schon jetzt der zweitwichtigste Handelspartner in Zentralasien.
Zudem dürfte Mirsijojew nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zu einem wichtigen Gesprächspartner für den Westen avancieren. Um sich potenzielle Flüchtlinge vom Hals zu halten, ist ja bekanntermaßen, wie das Beispiel des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zeigt, ein „Dialog“ mit jedem Staats- bzw. Regierungschef willkommen.
Aber deshalb Mirsijojew, der das Image Usbekistans im Ausland aufpolieren möchte, weiter als Reformer preisen – einen Mann, der sich und seinen korrupten Hofschranzen schamlos die Taschen füllt? Die Chancen dafür stehen gut. Wen interessiert es da schon, dass den Usbek*innen nach wie vor elementare demokratische Rechte vorenthalten und ihre Menschenrechte verletzt werden, wenn es denn dem Machterhalt dient? Das ist eben Realpolitik. Leider.
Wahlen in Usbekistan: Nach schönster Sowjetmanier
Der usbekische Präsident Mirsijojew errang mit über 80 Prozent der Stimmen einen überragenden Wahlsieg. Versprochene demokratische Rechte stehen aus.
Mitglieder der Wahlkommission bei der Stimmauszählung in Taschkent am 24. Oktober Foto: ap
Ein neues Usbekistan, wo die Rechte und Freiheiten aller Bürger*innen geschützt sind: Was dieses vollmundige Versprechen von Schawkat Mirsijojew wert ist, hat die Präsidentenwahl vom vergangenen Sonntag gezeigt – nämlich nichts. Der Amtsinhaber fährt nach 2016 mit über 80 Prozent der Stimmen erneut ein Ergebnis ein, das an glorreichste Sowjetzeiten erinnert. Zugelassen waren außer ihm nur vier von Hand verlesene Mitbewerber*innen, die das hohe Lied der Regierung sangen.
Kritische Geister, die sich dennoch anheischig machten, in den Ring zu steigen, wurden vorher aussortiert und noch dazu unter Druck gesetzt. Das war auch schon bei der Parlamentswahl 2019 so, bei der ebenfalls keine oppositionellen Parteien antreten durften. Dazu passt, dass unbequeme Journalist*innen, Blogger*innen und Aktivist*innen in den vergangenen Wochen und Monaten massiven Repressionen vonseiten des Staates ausgesetzt waren – mit dem Ziel, sie einzuschüchtern und mundtot zu machen.
Also alles wie immer in Usbekistan? Ja, aber nicht ganz. Immerhin hat sich Usbekistan nach jahrzehntelanger Abschottung seit Mirsijojews Machtantritt 2016 für das Ausland geöffnet – zur großen Freude all derer, die mit dem an Rohstoffen reichen Land ins lukrative Geschäft kommen wollen. Für Deutschland ist Usbekistan nach Kasachstan schon jetzt der zweitwichtigste Handelspartner in Zentralasien.
Zudem dürfte Mirsijojew nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zu einem wichtigen Gesprächspartner für den Westen avancieren. Um sich potenzielle Flüchtlinge vom Hals zu halten, ist ja bekanntermaßen, wie das Beispiel des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zeigt, ein „Dialog“ mit jedem Staats- bzw. Regierungschef willkommen.
Aber deshalb Mirsijojew, der das Image Usbekistans im Ausland aufpolieren möchte, weiter als Reformer preisen – einen Mann, der sich und seinen korrupten Hofschranzen schamlos die Taschen füllt? Die Chancen dafür stehen gut. Wen interessiert es da schon, dass den Usbek*innen nach wie vor elementare demokratische Rechte vorenthalten und ihre Menschenrechte verletzt werden, wenn es denn dem Machterhalt dient? Das ist eben Realpolitik. Leider.
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Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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