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Pics & Phoxxi im Container

Während Hamburgs Haus der Photographie saniert wird, drängt eine Ausweichspielstätte bunt-krawallig in den öffentlichen Raum

Ein Spiel zwischen Blackness, Begehrenund Verwundung

Von Falk Schreiber

Auf dem Platz vor den Hamburger Deichtorhallen steht ein Ensemble aus Containern, schrill mit großformatigen Fotografien verziert, eine Installation im öffentlichen Raum und ein Ausstellungsort: „Ein neues Ausstellungshaus in Hamburg“ übertreibt Deichtorhallen-Intendant Dirk Luckow leicht. Tatsächlich dienen die Container als Ausweichspielstätte fürs Haus der Photographie. Hier kann Luckow mit seinem Team zeitgenössische Fotokunst präsentieren, während die südliche Deichtorhalle drei Jahre lang saniert wird.

Luckow ließ vormals am Oberhafen stehende Blechkisten auf den Deichtorplatz transportieren, erweiterte die Räume auf 820 Qua­dratmeter und beauftragte den Künstler Anselm Reyhle mit der Außengestaltung. Der bemalte das Objekt mit einer Mischung aus schreiendem Pop, eine Hommage an die das Haus der Photographie prägende Sammlung Gundlach und der dort gern gepflegten Werbeästhetik. Das kann man populistisch finden. Auch der Name des Gebäudes „Phoxxi“, klingt auch dann noch infantil, wenn man ihn als Kofferwort aus „Photography“ und den lateinischen Ziffern fürs 21. Jahrhundert aufdröselt. Aber: Der Name ist auch eine Würdigung des im Juli verstorbenen Gründungsdirektor des Hauses der Photographie, F.C. Gundlach, der immer Wert darauf gelegt hatte, dass seine Kunst mit „ph“ geschrieben werde. Zudem verweist Luckow aufs Museo Nazionale delle arti del XXI secolo in Rom, kurz Maxxi, das dem Namen zum Trotz ein beeindruckender Museumsbau ist.

Innen bietet der Phoxxi-Container 470 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf mehreren Ebenen, dazu kommen 340 Quadratmeter Büros, die eine Glasfront zum Platz hin öffnen. Das inszeniert die Kunstverwaltung als offenen Ort, zeigt aber auch, dass der Platz für Kunst gar nicht so wahnsinnig groß ist. Die Eröffnungsausstellung konzentriert sich auf einen 24 Meter langen, schlauchartigen Raum mit Fotografien des Briten Jack Davison. Dazu kommt ein Kabinett mit einem Film des in Berlin lebenden Israeli Omer Fast sowie eine Empore, wo Arbeiten der nigerianisch-norwegischen Künstlerin Frida Orupabo hängen. Viel ist das nicht.

Allerdings funktioniert die Zusammenstellung. Gezeigt werden drei Stränge der Gattung, einmal als Erweiterung ins Digitale, einmal ins Bewegtbild, einmal ins Skulpturale. Dabei ergibt sich eine Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart: Omer Fast nähert sich mit dem 2016 entstandenen Film „August“ dem Fotopionier August Sander (1876-1964), der die Fotografie als Erinnerungsmaschine feiert. Orupabo gestaltet Figuren, die an seltsam verschobene Hampelmänner erinnern: Fotos, die aus Familienalben und Online-Archiven stammen und mittels Klammern zu neuen Wesen zusammengesetzt sind, ein Spiel zwischen Blackness, Begehren und Verwundung. Der objektivierende Blick auf Schwarze Körper verwandelt sich. Es entsteht ein „Ort für meine Frustration in Bezug auf Ethnie, Hautfarbe, Sexualität und Geschlecht“, so die Künstlerin.

Allerdings bleibt sie wie auch Fast am Rand. Zentral für die Ausstellung sind die Fotografien Jack Davisons, die zwei Wände im Hauptraum füllen. Davison konstruiert hier ein Bildarchiv, meist schwarzweiß mit einzelnen, wirkungsvollen Farbakzenten. Optisch erinnert das mal an Avantgardefotografie der 1920er, mal an Surrealismus und mal an reine Oberfläche, dabei ist der Künstler gerade mal 31 Jahre alt. Die Präsentation wirkt mehr wie eine Hommage an die Zeit, als die Fotografie zur eigenständigen Kunst wurde, denn als ästhetisches Statement. Tatsächlich aber schafft Davison den Spagat zwischen längst kanonisierten Handschriften und den überbordenden Bilderwelten von Flickr und Instagram. Als Ausstellung ist das so leicht konsumierbar wie in sich stimmig. Und auf eine gewisse Weise ist diese Anmutung auch, was das Gesamtkunstwerk Poxxi anstrebt.

Jack Davison – Omer Fast – Frida Orupabo PHOXXI, bis 23. Januar 2022

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