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Studie zum Ökosystem MeerKlimaschutz mit Fischkot

Ozeane sind mächtige CO2-Speicher. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Meeresbewohner – durch deren bedrohte Populationen wird das zum Problem.

Die Überfischung der Meere bedeutet auch, dass dort weniger Kohlenstoff gebunden wird Foto: Pascal Rossignol/imago

D ie Überfischung der Meere ist ein riesiges Problem: ganze Populationen von Fischen und Säugetieren werden bedroht, Ökosysteme zerstört, die Ernährungsgrundlage von Millionen Menschen gefährdet.

Jetzt weist eine Studie auf ein weiteres Problem hin, wenn vor allem die Fischbestände massiv reduziert werden: Der Beitrag von Meereslebewesen zur CO2-Speicherung in den Meeren nimmt stark ab. So jedenfalls hat das ein Team an der University of California in Los Angeles errechnet, das seine Studie in der Fachzeitschrift Science Advances vorgestellt hat.

Die Zwillingskrisen

Die Erhitzung des Planeten und der voranschreitende Verlust der Arten hängen zusammen und verstärken sich wechselseitig. Sie haben ähnlich negative Auswirkungen auf das menschliche Wohlergehen und müssen dringend gemeinsam bewältigt werden. Das forderten Ver­tre­te­r:in­nen von Weltklimarat IPCC und Weltbiodiversitätsrat IPBES diesen Juni in ihrem ersten gemeinsamen Bericht. Höhere Temperaturen sowie Wetterextreme, wie die Klimakrise sie stärker und häufiger macht, zerstören Ökosysteme und Lebensräume, befeuern also das Artensterben. Geschädigte Ökosysteme wiederum können nicht mehr so viel CO2 aufnehmen oder werden gar zu Treibhausgasquellen.

Der Hintergrund: Ozeane sind die wirklich mächtigen Speicher von Kohlendioxid auf unserem Planeten. In den Weltmeeren ist grob geschätzt 45-mal so viel CO2 gespeichert wie in der Atmosphäre und 20-mal so viel wie in allen Böden und Wäldern weltweit.

Einerseits nimmt das Salzwasser das Gas mittels der „physikalischen Kohlenstoffpumpe“ in gelöster Form auf und transportiert es mit sinkenden Wassermassen in die Tiefe. Aber es gibt auch eine „biologische Kohlenstoffpumpe“: Kohlenstoff aus Pflanzen wird von Fischen und anderen Lebewesen aufgenommen.

Mit deren Ausscheidungen oder nach deren Tod in ihren Körpern wird ebenfalls Kohlenstoff in den Tiefen der Meere eingelagert, wo er die Atmosphäre nicht aufheizen kann. Nun aber haben die ForscherInnen in Modellen berechnet, welchen Effekt der Artenverlust auf diese Pumpenfunktion hat.

Dabei liegen die Schätzungen dazu, wie viele Fische es überhaupt gibt, weit auseinander. Das Team nahm aber an, dass in manchen Jahren die befischten Arten etwa die Hälfte ihrer Masse verlieren, sie berechneten dafür alle Fänge zwischen 10 Gramm und 100 Kilogramm. Ergebnis: Bis vor der Industriellen Revolution produzierten die jetzt gejagten Arten etwa 10 Prozent des Kots, der mit dem Kohlenstoff in die Tiefe sinkt.

Das hat sich demnach bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts etwa halbiert. Das Thema gilt unter WissenschaftlerInnen als vernachlässigt und wird in den Debatten rund um Klima- und Artenschutz kaum erwähnt. Nur in der taz taucht es ab und zu auf: Etwa wenn ein Meeresbiologe erklärt, warum Walkot gut fürs Klima ist.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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