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Sport füllt die Eventhalle

Spielgeld (16): Mit der Arena im Volkspark kamen einst auch zwei Bundesligisten nach Hamburg, die später wieder fallen gelassen wurden

Von Ralf Lorenzen

Am Sonntag haben die Fishtown Pinguins aus Bremerhaven in der Eishockeybundesliga gegen den EHC München mit 1:3 verloren. Unabhängig vom Ergebnis hatte diese Begegnung viel mit einer Sporthalle in Hamburg zu tun, die am 8. Novemebr 2002 als Color-Line-Arena eröffnet wurde, damals als modernste Multifunktionshalle in Europa galt und heute Barclays-Arena heißt.

Außer Hamburg besaßen bereits im alten Jahrtausend alle großen deutschen Städte eine Halle mit fünfstelligem Fassungsvermögen. „Endlich müssen die Fans nicht mehr nach Kiel oder Bremen reisen“, sagte der Präsident der Warner Music Group Germany zur Eröffnung, auf der unter anderem Phil Collins auftrat. Finanziert wurde der 83-Millionen-Euro-Bau vom finnischen Unternehmer Harry Harkimo, dem die Stadt das Gelände für eine Mark überlassen hatte. Die etwa acht Millionen Euro für Bodensanierung und Verkehrsanbindung zahlte ebenfalls die öffentliche Hand.

„Das Stichwort, unter dem die Halle funktionieren soll, heißt vereinheitlichende Eventglobalisierung“, schrieb der damalige taz-Reporter Oke Göttlich zur Eröffnung. Zu diesem Geschäftsmodell – das zeigten die Vorbilder in den USA – gehörte neben Pop- und Klassikkonzerten zwingend auch der Sport. Dafür brauchte es Mannschaften in den höchsten Spielklassen der publikumsträchtigen Hallensportarten – und davon war Hamburg weit entfernt.

Die Geburt des HSV Handball

Zur Freude der Investoren gab es nicht weit entfernt mit der SG VfL Bad Schwartau-Lübeck einen Handball-Bundesligisten, der in finanziellen Schwierigkeiten steckte und dessen Hauptbesitzer sich auf die Suche nach einer größeren Spielstätte machte. „Profihandball rechnet sich nicht in kleinen Hallen“, sagte Winfried Klimek und verpflanzte den Club von der Trave an die Elbe. Der HSV Handball war geboren. Sponsoren fanden sich schnell – die Hamburger Wirtschaft hatte großes Interesse daran, dass die Halle funktioniert.

Bei der Vervollständigung seines Event-Portfolios mit Eishockey fand Arena-Besitzer Harkimo die Lösung nicht vor der Haustür, sondern wurde erst in München fündig. Der US-amerikanische Besitzer des Bundesligisten München Barons – die Anschutz Sports & Entertainment Group – sah in Hamburg die bessere Perspektive, verlegte den Club ebenfalls nach Hamburg und taufte ihn in Hamburg Freezers um. Trotz dieser Coups verkaufte Harkimo die Halle 2007 an – welch Zufall – die Anschutz-Gruppe.

So wie sie aufgetaucht waren, verschwanden die beiden Hallenfüller wieder von der Bildfläche: im Gleichschritt. Der HSV Handball, mittlerweile längst mit neuem Haupt-Gesellschafter, musste trotz Meistertitel (2011) und Champions-League-Sieg (2013) Ende 2015 Insolvenz anmelden und erhielt keine neue Lizenz für die Bundesliga. Für die Freezers beantragte Besitzer Anschutz, dem ja gleichzeitig die Halle gehörte, im Jahr 2016 gar keine neue Lizenz mehr, obwohl eine Spendenaktion der Fans über eine Million Euro zusammengebracht hatte. Der Weltmarktführer in Sachen Eventglobalisierung, dem etwa 300 Hallen und Stadien gehören, wollte sich in Sachen Eishockey auf Berlin konzentrieren. Dort ist Anschutz nicht nur Besitzer der Mercedes-Benz-Arena und der Eisbären Berlin, sondern auch einer der großen Player im umstrittenen Investorenprojekt Mediaspree.

„Es muss sich niemand um die Zukunft der Arena Sorgen machen“, sagte der Hamburger Arena-Geschäftsführer nach der Abmeldung der Freezers vor fünf Jahren. „Wir können jetzt bessere Daten anbieten, weil die vom Sport benötigten Wochenendtermine auch für Konzerte optimal sind.“ Die Halle brummte also auch so. Die Bundesliga-Lizenz der Freezers ging 2016 an die Fishtown Pinguins über, die seitdem in der Bundesliga für Furore sorgen. Und Handball wird nach dem Aufstieg des Handballsportvereins Hamburg in die Bundesliga jetzt auch wieder in der Hamburger Arena gespielt.

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