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Facebook-Whistleblowerin gibt sich zu erkennen

Eine ehemalige Produktmanagerin von Facebook, Frances Haugen, hat sich nach Enthüllungen über schädliche Auswirkungen der Facebook-Plattformen für Jugendliche als Whistleblowerin zu erkennen gegeben. Sie habe konzerninterne Untersuchungsergebnisse an das Wall Street Journal (WSJ) weitergegeben, durch die das Unternehmen zuletzt politisch unter Druck geraten war, sagte Haugen am Sonntag in einem Interview mit dem US-Sender CBS.

Ihrem ehemaligen Arbeitgeber warf sie vor, Profit systematisch über Sicherheit zu stellen. Facebook „bezahlt seine Gewinne mit unserer Sicherheit“, sagte Haugen. Sie habe in der Vergangenheit auch für andere Unternehmen der Branche wie Google und Pinterest gearbeitet, aber Facebook sei „bedeutend schlimmer“ als alles, was sie zuvor gesehen habe. „Die heutige Version von Facebook reißt unsere Gesellschaften auseinander und führt zu ethnischer Gewalt auf der ganzen Welt.“

Das WSJ hatte berichtet, Facebook sei bei seinen eigenen Untersuchungen selbst zu dem Schluss gekommen, dass insbesondere die Plattform Instagram der psychischen Gesundheit von Jugendlichen schaden könne. So zitierte die Zeitung den Satz: „Wir machen Probleme mit dem eigenen Körperbild für eine von drei Teenagerinnen schlimmer.“

Der Algorithmus, der festlegt, welche Inhalte Nutzern angezeigt werden, sei darauf ausgelegt eine Reaktion hervorrufen – und „es ist einfacher, Menschen zu Wut zu inspirieren als zu anderen Emotionen“, sagte Haugen. „Facebook hat erkannt, dass, wenn sie den Algorithmus ändern, um sicherer zu sein, die Leute weniger Zeit auf der Seite verbringen, weniger auf Anzeigen klicken“, wodurch das Unternehmen weniger Geld verdiene.

Die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin soll am Dienstag im US-Kongress aussagen. Senator Richard Blumenthal erklärte mit Blick auf das CBS-Interview bereits: „Die Handlungen von Facebook machen deutlich, dass wir nicht darauf vertrauen können, dass es sich selbst kontrolliert. Wir müssen eine stärkere Aufsicht in Betracht ziehen.“

Instagram und andere Plattformen, die auf die Selbstinszenierung der Nut­ze­r:in­nen setzen, geraten immer wieder in die Kritik, vor allem Minderjährige nicht ausreichend vor den Nachteilen zu schützen – etwa vor Cybermobbing oder psychischen Problemen. Die Pläne einer Instagram-Version für Kinder legte Facebook nun auf Eis. Firmenvertreter wiesen die jüngsten Vorwürfe zurück. (afp)

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