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US-Amerikanerin blickt auf die BTWRuhig und billig

Verglichen mit den Materialschlachten in den USA gleicht der deutsche Wahlkampf einer Kissenschlacht. Unsere Autorin ist neidisch.

Trump-Kampagne in Wildwood, New Jersey Foto: Stephanie Keith/reuters

Wenn ich durch Berlin spaziere, bin über die Milde des deutschen Wahlkampfs immer wieder beeindruckt. Für einige Deutsche mögen die Plakate auf den Straßen schon zu viel des Guten sein. Im Vergleich dazu, was die amerikanischen Wäh­le­r:in­nen im letzten Jahr überstehen mussten, sind sie nichts.

Als Politikjournalistin in den USA habe ich letztes Jahr über die Präsidentschaftswahl berichtet, bei der sich die Ausgaben für Werbung laut dem Center for Responsive Politics (CRP) auf umgerechnet 12,3 Milliarden Euro beliefen. Die Bundestagswahl 2017 kostete nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung weit weniger als 100 Millionen. Zwar leben in den USA viermal so viele Menschen wie in Deutschland – dennoch ist der Unterschied gewaltig.

Wie viel Geld fließt, beeinflusst, wie aufdringlich Wäh­le­r*in­nen adressiert werden. Nehmen wir meinen Bundesstaat Georgia als Beispiel für den gigantischen Umfang der amerikanischen Wahlkampfausgaben. Im Januar 2021 standen zwei Senatswahlen an, die über die Kontrolle der Parteien im Oberhaus entscheiden sollten. Neun Wochen lang warf die amerikanische Wahlkampf-Infrastruktur alles, was sie hatte, auf Georgia. Das Center for Responsive Politics schätzte die Ausgaben auf 873 Millionen Dollar oder fast 113 Dollar pro registriertem Wähler.

Es war praktisch unmöglich, den Fernseher einzuschalten, ohne von politischer Werbung bombardiert zu werden. Auch im Internet schien die Wahlwerbung unausweichlich. Klar, in Deutschland werden im Wahlkampf auch Fernsehspots geschaltet. Aber auch wegen der Beschränkungen für Werbung bei den Öffentlich Rechtlichen sind es viel weniger. Und klar hat die politische Online-Werbung hierzulande zugenommen, aber das Ausmaß ist kaum vergleichbar.

Heerscharen von „Türklopfern“

Hinzu kommt die Dauer des Wahlkampfs: In Deutschland sind sie auf einen Zeitraum von sechs Wochen angelegt, große amerikanische Wahlkämpfe dauern oft mehr als anderthalb Jahre.

Und dann ist da noch die gezielte Ansprache von Wähler:innen, die es in Deutschland kaum gibt. Amerikaner:innen, mich eingeschlossen, erhielten manchmal täglich SMS von Kampagnen, die um Spenden und Stimmen warben, ganz zu schweigen von der Zahl der Wahlkampfzettel in den Briefkästen. Und republikanische und demokratische Gruppen setzten Heerscharen von „Türklopfern“ ein, um die Wähler in ihren Häusern zu besuchen. Ich habe mit einigen Wäh­le­r:in­nen in wichtigen „Swing Districts“ gesprochen, die wiederholt besucht wurden, was durch den Einsatz ausgeklügelter Wählerdaten möglich wird.

Laut einer Studie von Simon Kruschinski von der Johannes Gutenberg-Universität und André Haller von der Universität Bamberg aus dem Jahr 2017 haben deutsche Kampagnen zwar mit einer gezielten Kommunikation mit den Wählern begonnen, aber strengere Datenschutzgesetze, kleinere Kampagnenbudgets und kulturelle Unterschiede haben ein solches Ausmaß verhindert.

„Das Gefühl, zu den Menschen zu gehen, anstatt dass sie zu den Parteien kommen, ist eine große Veränderung in der deutschen Wahlkampfphilosophie“, so die Forscher. „Deutsche Wähler sind es gewohnt, nur auf einer Kundgebung mit Parteimitgliedern in Kontakt zu treten oder an einem Informationsstand der Partei im öffentlichen Raum vorbeizuschauen.“

Für Ame­ri­ka­ne­r:in­nen in Berlin bedeutet das letztlich eine viel ruhigere – und billigere – Wahlsaison.

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