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Noch mehr Abgeordnete im ParlamentWird der Bundestag mega?

Im Plenarsaal dürfte es nach der Wahl eng werden. Die Opposition hat frühzeitig davor gewarnt, doch Union und SPD ignorierten das.

So leer wird es nach der Wahl nicht bleiben: Plenarsaal des Deutschen Bundestages Foto: Florian Gärtner/photothek/imago

Berlin taz | Mit den Wahlen am Sonntag dürfte der Bundestag nicht nur seinen Platz als zweitgrößtes Parlament der Welt verteidigen. Der Abstand zum Primus, dem Nationalen Volkskongress in China, könnte sogar noch schrumpfen. Viel spricht dafür, dass der Berliner Reichstag so vielen Abgeordneten wie noch nie einen Platz wird bieten müssen.

Der Bundestag wird nach dem Verhältniswahlrecht mit einer Mehrheitswahlrechtskomponente gewählt. Eigentlich hat er eine Sollgröße von 598 Sitzen: In der Theorie steht 299 direkt in ihrem Wahlkreis gewählten Abgeordneten die gleiche Anzahl an Abgeordneten gegenüber, die über einen Listenplatz ihrer Partei den Sprung ins Parlament schaffen. Wobei für die Stärke der Parteien die Zweitstimmen entscheidend sind.

Doch dieses Fifty-fifty-Ideal gab es nur zwischen 1965 und 1976. Vor und danach gab es stets sogenannte Überhangmandate, weil die eine oder andere Partei in einem oder mehreren Bundesländern mehr Direktmandate holte als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis an Parlamentssitzen zugestanden hätte.

Bis zur Wahl 2009 wurden Überhangmandate nicht ausgeglichen. Das war prima mal für die Union, mal für die SPD, mal für beide. Denn dadurch waren die großen Parteien noch größer im Parlament vertreten. Dann jedoch kippte das Bundesverfassungsgericht diese Verzerrung des Wähler:innenwillens. Deswegen werden seit der Bundestagswahl 2013 Überhangmandate für die eine Partei durch Ausgleichsmandate für die anderen ausbalanciert. Das jedoch birgt die Gefahr einer starken Vergrößerung des Parlaments.

So kam die Union bei der Wahl 2017 auf ein Zweitstimmenergebnis von 32,9 Prozent, holte jedoch 77,3 Prozent der Direktmandate, was ihr 43 Überhangmandate bescherte. Weil die jeweiligen Landesergebnisse ausschlaggebend sind, gingen drei weitere Überhangmandate an die SPD. Im Gegenzug gab es insgesamt 65 Ausgleichsmandate: 19 für die SPD, 15 für die FDP, 11 für die AfD und jeweils 10 für Linkspartei und Grüne. Dadurch zogen 709 Abgeordnete in den Bundestag ein. Das war Rekord.

Ein XXL-Bundestag ist möglich

Dieses Mal könnten es noch mehr werden. In der jetzt ablaufenden Legislaturperiode stritten sich die Parteien heftig, wie es gelingen kann, den Trend zu einem immer größeren Parlament zu stoppen und sich dem alten Fifty-fifty-Ideal wieder anzunähern. Grüne, FDP und Linkspartei schlugen eine recht weitgehende Wahlrechtsreform vor.

Aber Union und SPD verständigten sich lieber auf ein kleines Reförmchen. Danach sollen bei der Wahl am Sonntag nun Überhang- und Ausgleichsmandate einer Partei zum großen Teil miteinander verrechnet, aber auch bis zu drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden. Warnungen der Opposition, dass sich dadurch eine weitere Ausdehnung des Parlaments nicht verhindern lässt, schlugen sie in den Wind.

Das könnte sich jetzt rächen. Verantwortlich dafür: der prognostizierte Zweitstimmeneinbruch der Union auf der einen und das relative Wiedererstarken der SPD auf der anderen Seite. Beides könnte dazu führen, dass es diesmal so viele Überhangmandate wie nie zuvor gibt. Besonders die CSU könnte zum Problem werden, da sie als Regionalpartei keine weiteren Landeslisten hat, mit denen ihre Überhänge verrechnet werden könnten.

Auf der Basis von Umfragetrends hat die Bertelsmann Stiftung mehrere Szenarien durchgespielt, wie groß der kommende Bundestag sein könnte. Demnach sei auch ein „XXL-Bundestag“ mit deutlich mehr als 900 Abgeordneten möglich. Selbst einen neuen Bundestag mit mehr als 1.000 Par­la­men­ta­rie­r:in­nen will Robert Vehrkamp, Wahlrechtsexperte bei der Bertelsmann Stiftung, nicht ausschließen.

Wahrscheinlich ist das allerdings nicht. Die Internetseite mandatsrechner.de, die die aktuellen Umfrageergebnisse der Meinungsforschungsinstitute mit Wahlkreisprognosen kombiniert, kommt derzeit auf eine Spanne zwischen 822 Sitzen (GMS) und 872 Sitzen (Kantar/Emnid). Allerdings gilt in fast der Hälfte der Wahlkreise das Rennen um das Direktmandat noch als völlig offen. Und beim Zweitstimmenergebnis soll es mitunter ohnehin vorkommen, dass die Wählerinnen und Wähler der Demoskopie ein Schnippchen schlagen.

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9 Kommentare

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  • Aeh,sorry,"Machiavelli",guter, witziger und bester Nick hier..und nicht nur Nick..

  • Dieses wichtige Thema steht nicht nur bei mir seit langem auf der Agenda,findet sich aber im Wahlkampf unter Ferner liefen...

    Ca.400 Abgeordnete,ja,finde ich auch genug,zudem müssen die Bezüge der Parlamentarier um etwa die Hälfte dauerhaft gekürzt werden.



    Die Repräsentanz stimmt nicht: gefühlt,werden wir nur noch von Juristen,Lehrern,Architekten und Berufspolitikern " repraesentiert"."



    Macchiavelli" weiss es bestimmt genauer.

    Im Zuge dessen gilt gleiches fuer die Länderparlamente nach meinem Dafür halten.flankiert werden sollten diese Reformen mit Volksbefragung en a la Schweiz,mit allerdings hoeher angesiedelten Hürden.Bei wichtigen Entscheidungen muss dann nicht fiftyfifty plus 1 gelten ,sondern ca 60 Prozent Mehrheit, und die Wahlbeteiligung muss dito etwa beziffert sein.sonst hinfällig..



    Dies könnte der allumfassenden Spaltung entgegen wirken.



    Weiters waere nicht nur im Bildungsbereich der Foederalstaat zurück zufahren..

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Trotzleo:

      Ein höhere Repräsentanz der Bevölkerung wäre gut, könnte man bspw. dadurch erreichen, das man min. 10 Jahre nicht-politische Berufserfahrung nachweisen muss bevor man gewählt werden kann. Volksbefragungen ja aber wie sie richtig anmerken mit Hürden und graduell einführen, damit die Leute damit Erfahrungen sammeln und nicht wie mit dem Brexit Protest-wählen. Wichtig hierbei sind aber meiner Meinung nach die Bürgerräte wie sie in Nordirland eingeführt wurden, da reden dann die Menschen miteinander und man entwickelt Verständnis füreinander. Außerdem bin ich dafür wieder ein Jahr lang Wehrdienst oder Sozialdienst für alle, damit die reichen Kinder mal Menschen aus anderen Schichten kennenlernen und nicht nur das Nachplappern was sie über H4 Empfänger bei Merz und Konsorten gehört haben.

  • Je größer, desto besser und demokratischer.

    Die Politik in Deutschland kostet sowieso nicht viel.



    Wir haben genug Geld alles zu finanzieren...



    Für Inland oder Ausland, egal.

    • @Robert Boyland:

      Nach meiner Erfahrung sind wenige gute Köpfe immer besser als viele Durchschnittliche. Artet nur in endlosen Diskussionen aus.

      PS: nach ihrem Konzept müsste jeden einzelnen Bürger bei jeder Entscheidung fragen das Optimum sein. Sicher nicht!

  • So wünsche ich mir eine Wahlrechtsreform:

    Erststimme + Direktmandate abschaffen - ersatzlos.



    Größe des Parlaments festlegen: z.B. 1 Person pro 200.000 Wahlberechtigte Bürger (dürfte dann etwas um die 300 Sitze sein)



    Berechnung der Sitze= floor(Size/100*Wahlergebnis), d.h. Jede Partei bekommt gemäß ihres Ergebnisses Sitze zugeteilt - und es wird immer abgerundet.



    D.h. es bleiben letztlich Sitze leer!

    Ganz einfach und gerecht!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @danny schneider:

      Gegenvorschlag Zweitstimme abschaffen, ich will Abgeordnete die mir direkt verantwortlich sind, dazu dann noch ein System wie man sie direkt abwählen kann.

      Am sinnvollsten ist und bleibt aber dieser Mix weder sind Staaten in denen nur repräsentativ gewählt wird besser regiert noch sind Wahlsysteme mit first-past-the-post besonders demokratisch. Mein Vorschlag 400 Parlamentarier 200 werden mit Zweitstimme gewählt 200 mit Erststimme.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Korrektur: Erststimme..

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Ganz ehrlich, die Direktmandaten hier kenne ich nicht, keine Ahnung ob die gut oder schlecht sind... wenn ich mir die Biographien durchlese, ist davon keiner geeignet... Verwaltungsleute, Politikwissenschaftler, Kichenvorstände,... keiner hat einen ordentlichen Beruf oder eine vernünftige Bildung. Alles Resterampe.

        Ich kann und konnte mit der Zweitstimme bisher noch nie was anfangen.