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mein erstes malFaszinierende Ostpolitik

Hermann Otto Soms Foto: Imago

An dieser Stelle erzählen Persönlichkeiten von ihrer ersten Wahl. Heute: Hermann Otto Solms (FDP), Alterspräsident des Bundestags.

Meine erste Bundestagswahl war 1965. Da damals das Wahlalter noch auf das vollendete 21. Lebensjahr begrenzt war und ich im November geboren bin, konnte ich 1961 noch nicht mitwählen. Ich habe damals schon FDP gewählt, weil sie Ludwig Erhard als Vater der sozialen Marktwirtschaft unterstützt hat. Das war für Studenten der Wirtschaftswissenschaften die ideale Wahl.

„Wir erhofften uns durch diese Wahl eine Modernisierung der deutschen Politik“

Mit meinen Kommilitonen habe ich auch im Wirtshaus darüber gesprochen, zum Beispiel beim Karten spielen. Einige habe ich überzeugt, ebenfalls FDP zu wählen. Erhard war da der Mann der Wahl, auch wenn wir uns nicht an die CDU binden wollten. Wir erhofften uns durch diese Wahl eine Modernisierung der deutschen Politik. Zu jener Zeit war ich Fachbereichssprecher der Studentenschaft. Ich war zwar parteipolitisch noch nicht gebunden, habe mich aber bereits politisch engagiert. Nach meinem Diplomexamen ging ich 1969 für ein Stipendium an eine amerikanische Universität. Vor meiner Abreise hatte ich meinen Kommilitonen gesagt, dass, wenn sich nach der Wahl 1969 eine sozial-liberale Koalition bildet, ich mich in einer Partei engagieren würde. Und so kam es dann, dass ich 1971 in die FDP eintrat. Gerade die Ostpolitik der Freien Demokraten hatte mich fasziniert. Und die SPD war auf dem gleichen Weg mit Willy Brandt. So war es gut, dass Brandt und Scheel die Regierung bildeten und die Verhandlungen zu den Ostverträgen begonnen und schließlich erfolgreich beendet haben. Alles gegen den entschiedenen Widerstand der Union.

Meine politische Erfahrung ist, wenn eine Veränderungsstimmung in der Bevölkerung aufkommt, sucht sie sich dafür auch die entsprechenden Mehrheiten. 1969 war die Stimmung eigentlich noch gegen uns, aber nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen Willy Brandt hat sie sich gedreht. So bekam 1972 die sozial-liberale Koalition eine deutliche Mehrheit. Die Bevölkerung hat die Veränderung gewählt. So ähnlich ist es heute auch. Die schwarz-rote Koalition hat in den letzten acht Jahren versäumt, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Das spüren die Menschen. Sie sind dabei, ihre gewohnte Wahlentscheidung zu überdenken, und zwar in einem Ausmaß, wie wir es noch vor Kurzem nicht erwartet haben. Wenn die Menschen die Veränderung wollen, dann werden sich auch neue Mehrheiten finden. Das war früher so und so wird es auch heute wieder sein. Protokoll: Adrian Breitling

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