piwik no script img

Rudolf Balmer über Frankreichs Präsident im IrakMacron macht den Anti-Biden

Bei seinem Besuch im Irak hat der französische Präsident Emmanuel Macron ein Versprechen gemacht, das ihm möglicherweise bereits in einigen Monaten Kummer bereiten wird. Frankreich werde für den Kampf gegen den Terrorismus der Dschihadisten vom IS, unabhängig davon, was die USA beschließen sollten, „so lange bleiben, wie dies der Irak wünscht“. Sein Land verfüge dafür über die erforderlichen „operationellen Mittel“, fügte ­Macron an. Ob dies stimmt und realistisch ist, wird sich herausstellen.

Vordergründig zählt für den französischen Staatschef nur, mit starken Worten zur Präsenz im Irak zu verhindern, dass er Bidens Schlamassel wegen des chaotischen Abzugs aus Kabul politisch mit ausbaden muss. Mit seiner Forderung, im Irak müssten alle religiösen und ethnischen Gemeinschaften gleichermaßen in Sicherheit leben können, namentlich auch die christlichen Minderheiten, weiß Macron die öffentliche Meinung in Frankreich hinter sich. Für diese trat er in Bagdad als „Anti-Biden“ auf, der nicht passiv die Konsequenzen früherer Entscheidungen (des Vorgängers Trump) mitträgt, sondern in aktiver Weise antizipiert, was die Rolle als Protektor sein könnte. In diesem Sinn ist Macrons Außenpolitik – wozu die von Paris mitorganisierte Irak-Konferenz in Bagdad gehört – der offensichtliche und begrüßenswerte Versuch, die Stabilisierung des irakischen Staats und dessen Führung zu einem Gegenbeispiel zum ­Fiasko in Afghanistan zu machen. Auch wenn er dies offiziell nicht sagt, wirbt Macron auch auf dem internationalen Parkett bereits für seine Wiederwahl im Frühjahr.

Mit dem Irak verbindet Frankreich die Erinnerung an eine alte und besonders herzliche Freundschaft zwischen Diktator Saddam Hussein und dem damaligen Präsidenten Jacques Chirac, die 20 Jahre lang eng zusammengearbeitet hatten, und dessen Weigerung, sich an George W. Bushs Krieg zu beteiligen. Das gibt Macron, der aus den Fehlern der anderen lernt, immerhin einen Vorschusskredit in Bagdad. Wie viel ihn das Engagement am Ende kosten könnte, weiß er aber nicht.

ausland

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen