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Rheinische Genossen mit neuer Spitze

Die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen wählen den früheren Finanzminister Jochen Dieckmann zum neuen Landeschef. Müntefering ist neuer Spitzenkandidat – und wettert gegen die soziale Kälte im Programm der Union

BOCHUM taz ■ Die SPD in Nordrhein-Westfalen fängt neu an – und setzt zugleich auf Kontinuität. Knapp zwei Monate nach der Niederlage bei der NRW-Landtagswahl wählte ein Sonderparteitag am Wochenende den früheren Landesfinanzminister Jochen Dieckmann zum neuen Parteichef. Er erhielt rund 96 Prozent der Delegiertenstimmen. Dieckmann tritt die Nachfolge des nach der Wahlpleite zurück getretenen Landesvorsitzenden Harald Schartau an.

Bei der Aufstellung der Landesliste für die mögliche Bundestagswahl setzten die 450 Delegierten in Bochum dagegen auf ein Fortsetzen der alten Linie: Mit 94,2 Prozent der Stimmen wählten sie den SPD-Parteivorsitzenden Franz Müntefering auf Platz 1.

„Wir sind mit Würde und Anstand in die Opposition gegangen“, sagte der neue Landesvorsitzende Dieckmann in seiner Antrittsrede. Die Rückkehr auf die Regierungsbänke in Düsseldorf will der 57-jährige Jurist, der mit der Bonner SPD-Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann verheiratet ist, über die Städte und Gemeinden schaffen. Nach einem Erfolg bei der NRW-Kommunalwahl 2009 solle 2010 der erneute Machtwechsel am Rhein folgen. Die CDU-geführte Landesregierung des neuen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers „muss ein Intermezzo bleiben“, sagte Dieckmann. Um dieses Ziel zu erreichen, wolle er die Arbeit auf allen Ebenen des Landesvorstandes „effizienter und transparenter“ organisieren.

In einer kurzen Debatte über die Ursachen des Machtverlusts im einstigen SPD-Herzland warnte der abgewählte Ministerpräsident Peer Steinbrück seine Partei vor einem Linksruck. „Wir haben diese Wahl nicht nach links verloren“, so der Exregierungschef. Dies zeige ein Blick auf das Wahlergebnis.

Während die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) nur rund 180.000 Stimmen in dem 18-Millionen-Einwohner-Land bekommen habe, sei es der CDU in NRW gelungen, fast eine Million neue Wähler zu mobilisieren – darunter zahlreiche frühere SPD-Anhänger. Alexander Bercht, Landesvorsitzender der Jusos, machte dagegen die Berliner Regierungspolitik für die Niederlage verantwortlich. So hätte die erst nach der verlorenen NRW-Wahl beschlossene stärkere Besteuerung von Spitzenverdienern „schon Teil der Agenda 2010 sein müssen“.

SPD-Chef Müntefering betonte, die Landespartei selbst habe fast keine Fehler zu verantworten. Für die Wahlpleite vom 22. Mai müssten sich die Genossinnen und Genossen im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht schämen. „Die Partei hat gekämpft“, so der frühere NRW-SPD-Chef und Landesminister. Wichtigste Ursache für den Verlust der Regierungsmacht an Rhein und Ruhr nach 39 Jahren sei die bundespolitische Stimmungslage gewesen: „Da stand der Zeitgeist dagegen.“

Der bevorstehende Bundestagswahlkampf lässt der NRW-SPD ohnehin keine Zeit für tief schürfende Fehleranalysen. „Die Richtung geht nach vorn“, sagte Parteichef Müntefering. Unter dem Beifall der Delegierten sprach er sich gegen den „Jobkiller“ Mehrwertsteuererhöhung aus. Er kritisierte die Unions-Forderung nach Kombilöhnen.

Den stärksten Applaus aber erhielt Müntefering, als er vor einer schwarz-gelben Wende warnte: „Mit Merkel wird es kalt in Deutschland.“ MARTIN TEIGELER

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