Stefan Alberti sorgt sich um die FDP, die wohl ihr Parteitagshotel Ellington verliert
: Kein A-Train mehr in der Nürnberger Straße

Die taz hat sich ja der Empathie für Minderheiten und Randgruppen verschrieben, und die soll heute mal der FDP gelten, genauer: ihrem Berliner Landesverband. Die verliert nämlich offenbar ihre bisherige schöne Parteitags-Location und muss sich mutmaßlich eine neue suchen. Na so was, werden einige sagen, da ginge doch am besten die FDP gleich mit verloren. Das wäre aber sehr böse und kann auch guten Gewissens keiner sagen, der mal vor allem ihre Bildungs-, Umwelt- und Finanzexperten im Abgeordnetenhaus gehört hat.

Aber was ist nun der Hintergrund des Verlusts? Das Hotel Ellington macht dicht, das von 2007 in der Nürnberger Straße in Ku‘damm-Nähe zu Hause war – nicht etwa in Manhattan, wo der „A-Train“ aus dem bekanntesten Stück von Namensgeber und Jazzer Duke Ellington unterwegs ist. Am 30. September stelle man den Betrieb ein, schreibt das 4-Sterne-Hotel in einer Mitteilung.

Das wäre nun, ausgenommen die FDP und weitere Stammgäste, nicht die größte aller Tragödien – alle Mitarbeiter haben nach Hotelangaben ein Jobangebot in Berlins größtem Hotel bekommen, dem Estrel in Neukölln: Betreiber des Ellington ist nämlich der dortige Hoteleigentümer, der an einer Erweiterung arbeitet.

Spannung aber kommt auf durch den Standort: In der Nürnberger Straße ist das Ellington nämlich in enger Nachbarschaft zum KaDeWe. Und da will nun das Gastromagazin Gourmetwelten erfahren haben, dass neuer Eigentümer des bisherigen Hotelgebäudes die österreichische Signa-Gruppe wird. Der aber gehört – genau wie das Karstadt-Haus am Hermannplatz, für das es so ehrgeizige wie umstrittene Umbaupläne gibt – auch das KaDeWe. In das Gebäude in der Nürnberger Straße, so eine unbestätigte These, ließen sich alle Büros des Nobelkaufhauses verlagern, wodurch Platz für noch mehr Verkaufsfläche entstünde und das KaDeWe laut Gourmetwelten zum größten Kaufhaus der Welt werden könnte. Vergessen wären Harrods in Kensington an der Brompton Road oder Macy‘s in Manhattan am Broadway, bisher das Maß aller Dinge in der Kaufhauswelt.

Das von 1928 bis 1931 entstandene Gebäude in der Nürnberger Straße selbst hat schon diverse Nutzer erlebt, vor dem Hotel etwa die Berliner Finanzverwaltung, einen Jazzclub oder eine Diskothek.

Ihm kann eigentlich egal sein, wer in ihm drin ist. Denn es ist mit seiner Fassade der eigentliche Star: 150 Meter lang, mit seinen drei wunderbar abgerundeten Erkern ein schöner Kontrast zu vielem anderem, bei dem heute Ecken und Kanten dominieren.

Und die FDP? Die könnte durch die Coronakrise schon auf ein neues Parteitagsdomizil gekommen sein: Um besser die Hygiene-Auflagen erfüllen zu können, tagten die Liberalen im November vergangenen Jahres bereits in einem Seminarhotel in Dahlem – wo ja auch passenderweise Spitzenkandidat Sebastian Czaja FDP-Bezirkschef ist.

Aber wer weiß, vielleicht halten die neuen Eigner in der Nürnberger Straße den Liberalen doch noch den bisherigen Saal frei.