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Theater als SchulfachEndlich was Vernünftiges

An einer Grundschule in Bremen-Walle startet ein Pilotprojekt für Theater als Schulfach. Erster Probelauf war ein erstaunlich abstraktes Tanzstück.

Tän­ze­r:in­nen in Ausbildung – an der Grundschule! Foto: Beate C. Koehler

Bremen taz | Teamfähigkeit, Präsentationskompetenz, Körperbeherrschung, Konzen­tration: Ein Jammer eigentlich, dass etwas so unmittelbar Schönes wie der Tanz ein dermaßen gewichtiges Arsenal an Existenzbegründungen nachzuweisen hat. Aber stimmen tut es natürlich, dass die Klasse 4c der Grundschule an der Nordstraße nicht einfach nur aus Jux und Dollerei Theater spielt.

Ihr am Dienstag vor der versammelten Grundschule aufgeführtes Stück entstammt keiner freiwilligen AG, sondern ist im Rahmen des regulären Unterrichts entstanden. Und eben darum geht es hier auch: um den Probelauf für ein Pilotprojekt des neuen Schulfachs Theater.

Starten wird das kommendes Schuljahr mit zwei Stunden pro Woche. Diese erste Präsentation ist also ein Beispiel für das, was hier in Zukunft regelhaft entstehen soll. Den begeistert­ klatschenden Mit­schü­le­r:in­nen im Publikum dürfte der bildungspolitische Gehalt noch recht egal sein. Sie hatten schlicht ihre Freude am Tanz und seiner Geschichte über den Stadtteil Walle – hier in Gestalt der Reibereien von „Lupen­bande“ und der verfeindeten „Zeitungsgang“.

Man misstraut sich, umzingelt einander, geht auf Tuchfühlung, veranstaltet einen Wettkampf und verträgt sich am Ende wieder. Bemerkenswert allerdings: Das Stück kommt tatsächlich ohne Begleittext aus, sondern verhandelt die Stationen des Konflikts allein mit tänzerischen Mitteln, mit Choreografie also und Bewegung.

Erstaunlich hohes Abstraktionsniveau

Und das gibt mindestens einen Vorgeschmack auf Inhalte, wie sie ein Schulfach namens Theater künftig vermitteln könnte. Es geht hier also nicht um ein bisschen Theatersport, sondern auch jetzt schon – nach einer nur kurzen Probephase unter Coronabedingungen – ums körperliche Ausloten sozialer Gefüge und Konflikte auf einem für Grund­schü­le­r:in­nen beachtlichen Abstraktionsniveau.

Neben der Projektleitung von Grundschullehrerin und Schauspielerin Pegah Jordi macht sich hier auch das Know-How des Bremer Tanzwerks bemerkbar, für das Tanzpädagogin Johanna Schlösser das Projekt begleitet.

Weil applaudierendes Publikum nicht alles ist, wird der kommende Theaterunterricht von wissenschaftlicher Seite untersucht: Im Rahmen ihrer Masterarbeit in Kulturelle Bildung an Schulen wird Alex Gesch das Pilotprojekt evaluieren. Und wenn alles gut läuft, soll sich der Theaterunterricht später dann nicht nur hier in Walle, sondern auch im Rest von Bremen verstetigen. Vorbild dafür ist übrigens Hamburg, wo Theater bereits seit 2011 regulär unterrichtet wird.

Und von wegen Kompetenzerwerb: Wer diese von einem Ohr zum anderen grinsenden Viert­kläss­le­r:in­nen durch ihre Formation fegen sieht – wie sie selbstbewusst in Pose gehen und auch kleine Patzer souverän ausgleichen –, der oder die kann ihnen nur wünschen, dass es klappt mit dem neuen Fach.

Nicht zuletzt wäre das ja auch für Eltern und visitierende Bil­dungs­po­li­ti­ke­r:in­nen ein Gewinn: Wenn all die endlosen Einschulungs-, Abschluss- und Sommerfeste künftig von professionell ausgebildeten Schau­spiel­schü­le­r:in­nen bestritten würden.

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