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Bericht der AgrarkommissionBauernverbände für mehr Öko

Bauern, Umweltlobbyisten und Verbraucherschützer haben gemeinsam Ideen für die Landwirtschaft entwickelt – und sich auf fünf wichtige Punkte geeinigt.

Kühe, die tierfreundlich auf der Weide grasen, geben weniger Milch als im Boxenlaufstall Foto: Boris Roessler/dpa

Berlin taz | Die Deutschen essen weniger Fleisch, Tierbestände schrumpfen, Bauern werden für ökologische Leistungen honoriert. Das fordert keine vegetarische Vereinigung. Das fordert nun der Bauernverband. Und zwar zusammen mit 30 großen Verbänden der Umwelt- und Tierschützer, der Verbraucher, der Händler und Nahrungsmittelhersteller. Auch führende Wissenschaftler sind dabei.

Seit einem Jahr berät die Zukunftskommission Landwirtschaft im Auftrag der Bundesregierung, wie es künftig auf Äckern, in Ställen und im Supermarkt aussehen soll. Am Dienstag hat das Expertengremium seinen gut 170-seitigen Abschlussbericht an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben. Es sei „ein bedeutsamer Tag“ in der Geschichte der Landwirtschaft, meinte sie. Der Bericht markiert eine Wende.

Noch vor Kurzem standen sich Vertreter der konventionellen Bauern und der Umwelt- und Tierschützer unversöhnlich gegenüber. Was tun gegen den Klimawandel, den Schwund von Insekten und zu viel Gülle? Der Druck, etwas zu ändern, ist gestiegen – etwa durch den Handel.

Erst vor wenigen Tagen hat zum Beispiel der Discounter Aldi angekündigt, bis 2030 nur noch Frischfleisch aus Ställen mit höheren Tierwohlstandards zu verkaufen. Dazu kommt der historische Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes Ende April, nach dem die Regierung ihre Klimaziele verschärfen musste, auch für die Landwirtschaft.

„Wir sind nicht aufeinander losgegangen“

Peter Strohschneider, Kommissionsvorsitzender und Ex-Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sagt: „Wir haben die Fragen versachlicht.“ Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, meint: „Wir sind aufeinander zu und nicht aufeinander losgegangen.“ Die entscheidenden 5 Punkte des Abschlussberichts:

Erstens: Die deutsche Landwirtschaft verursacht Kosten, weil sie das Klima anheizt, die Böden und das Grundwasser belastet und am Ende der menschlichen Gesundheit zu schaffen macht. Diese Kosten summieren sich laut Bericht auf 90 Milliarden Euro pro Jahr. Bisher trage diese die Allgemeinheit.

So koste ein Kilo Rindfleisch in Wahrheit fünf- bis sechsmal so viel wie derzeit auf dem Preisschild steht. Eier oder Käse seien zwei- bis viermal so teuer. Bauernvertreter erkennen damit erstmals an, was bisher vor allem Umweltschützer beklagten: Die derzeitigen Produktionsweisen überlasten den Planeten, aber nur die Gesellschaft zahlt.

Doch zugleich – Punkt zwei – ist die wirtschaftliche Lage der Bauern unstrittig schwierig: Habe es in der alten Bundesrepublik vor 50 Jahren noch über 1,1 Millionen Agrarbetriebe gegeben, ist deren Zahl bis heute auf insgesamt 263.500 in allen 16 Bundesländern gefallen, schreiben die Experten. In Westdeutschland machten jedes Jahr zwei bis drei Prozent der Höfe dicht.

„Ökonomisch tragbare Lösungen“

„Natürlich braucht es da ökonomisch tragbare Lösungen“, sagt Olaf Bandt, der Chef des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er verstand: „Wer will, dass Bauern umweltverträglicher wirtschaften, muss sie dafür besser bezahlen.“ Kühe, die in einem Boxenlaufstall mit Kraftfutter versorgt würden, gäben zum Beispiel mehr Milch als jene, die tierfreundlich auf der Weide grasten. Die Umweltverbände gingen auf die Bauern zu, verzichteten auf Öko-Vorschriften und Ordnungsrecht, etwa zur Minderung von Nitrat im Grundwasser.

Dass Naturschutz zur Einkommensquelle werden soll, es Geld für mehr Klima- und Umweltschutz geben soll – das ist so was wie der Schlüssel für die Einigung der Kommission. Er zieht Punkt 3 nach sich:

Jedes Jahr müssten, so rechnen die Mitglieder vor, bis zu elf Milliarden Euro aufgebracht werden, damit Landwirte in tiergerechte Ställe und ökologische Landwirtschaft investieren, Blühwiesen anlegen und Moore renaturiert werden können. Langfristig sollen die EU-Agrarsubventionen nicht mehr nach der Größe der Höfe gezahlt werden, sondern nur noch nach Umweltpraktiken. Allerdings bleibt eine Finanzlücke.

Diese soll – Punkt vier – etwa über eine Tierwohlabgabe geschlossen werden. Die von CDU-Bundesagrarministerin Julia Klöckner eingesetzte Nutztier-Kommission hat unlängst 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Wurst, zwei Cent pro Liter Milch, 15 Cent pro Kilo Käse und Butter vorgeschlagen. Die Zukunftskommission macht sich zudem für eine Abgabe auf Zucker, Salz oder Fett stark. Im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse gesenkt werden. Hartz-IV-Empfänger sollen zudem höhere Zahlungen für Lebensmittel erhalten.

Am Ende, so kamen die Kommissionsmitglieder überein – das ist Punkt 5 – sieht die Landwirtschaft anders aus. „Aller Voraussicht nach“ gehe der Umbau mit einer „Reduktion der Gesamtnutztierbestände“ einher, heißt es in dem Bericht.

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2 Kommentare

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  • Was ich bei den Berechnungen am interessantesten finde, ist, dass es nach wie vor offenbar undenkbar ist, den Geringverdienern in Deutschland einfach höhere - also anständige - Löhne zu bezahlen. Dann ließe sich die richtige Ernährung einfach über den Preis regeln.

  • Bauern für mehr Öko? So ganz klar ist das gar nicht. Von den wenigen verbliebenen Kleinbetrieben sind sicher viele für mehr Öko. Doch die anderen, die ganz Großen? Sind die wirklich alle für mehr Öko, oder sind die bloß dafür, nach und nach riesige Mengen staatliche Zuwendungen zu kassieren, dafür, daß sie die Böden etwas weniger verseuchen und die Ställe ein wenig tierfreundlicher (mehr qm je Tier) auslegen und dafür staatliche Hilfen kassieren, weil aus ganz anderen Gründen der Fleischverzehr etwas zurückgeht?