Debatte über höhere Benzinpreise: Auch Linke wollen Autofahrer ärgern
Die Linkspartei kritisiert Annalena Baerbock, weil sie einen höheren Benzinpreis fordert. Dabei will die Linke Verbrennerautos gleich ganz verbieten.
Doch noch 2018 waren sich beide Parteien in diesem Punkt durchaus einig. In einem gemeinsamen Antrag im Deutschen Bundestag forderten Abgeordnete von Grünen und Linken, darunter Baerbock und Mohamed Ali, die Bundesregierung auf, „einen wirksamen CO²-Mindestpreis für alle Sektoren einzuführen“. Also auch für den Verkehr.
Inzwischen haben die Linken ihre Haltung geändert und lehnen einen CO²-Preis sowohl im Verkehrs- als auch im Wohnungssektor ab. „Ein CO²-Preis, der echte klimapolitische Wirkung zeigt, müsste bei 180 bis 190 Euro liegen. Das auf die Verbraucher und die Mieter abzuwälzen, halten wir für sozial höchst ungerecht“, begründet der Linken-Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin den Sinneswandel.
Dennoch hätte er auf Baerbocks Vorstoß wohl etwas anders reagiert, denn nach wie vor gebe es in vielen Punkten Übereinstimmung zwischen Linken und Grünen. Das zeigen auch die Entwürfe der Wahlprogramme zur Bundestagswahl. Demnach wird die Linke mitnichten zur neuen Lobbypartei für Autofahrer:innen. Im Gegenteil. Auch sie möchte, dass die Menschen weniger Auto fahren, sie spricht sich, wie auch die Grünen, für eine grundlegende Verkehrswende aus.
Mehr Bus und Bahn
Die Linke möchte, dass spätestens ab 2030 keine Pkw mit Verbrenner mehr neu zugelassen oder exportiert werden. Ähnlich wie die Grünen, die fordern, dass in neun Jahren nur noch „emissionsfreie Autos“ zugelassen werden. Beide Parteien wollen Subventionen für Diesel streichen und sind für ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen.
Doch während die Grünen ein Bonussystem für „saubere Autos“ anregen, will die Linke sogar verhindern, dass die Leute aufs E-Auto umsteigen, und spricht sich in ihrem Programmentwurf gegen eine Kaufprämie für Elektroautos aus.
Stattdessen will die Linkspartei massiv in den öffentlichen Nahverkehr investieren, Streckennetze ausbauen und ein kostenloses ÖPNV-Jahresticket einführen. Die Zahl der Nutzer:innen soll sich bis 2030 verdoppeln. Das streben auch die Grünen an.
Beide Parteien stimmen auch darin überein, dass Kurzstreckenflüge verzichtbar sind. Die Grünen wollen sie bis 2030 überflüssig machen, die Linken möchten Flüge zu Destinationen im Umkreis von 500 km sogar verbieten.
Mehr Markt oder mehr Staat
In den Zielen sind sich Linke und Grüne also durchaus einig. Differenzen gibt es eher bei den Mitteln. Die Grünen setzen eher auf Preis-, die Linken stärker auf Ordnungspolitik.
So will die Linke die Deutsche Bahn am liebsten verstaatlichen und „zu einem zentralen Pfeiler der Klimapolitik machen“, wie Beutin betont. Die Grünen möchten den Deutsche-Bahn-Konzern dagegen lediglich „transparenter und effizienter“ machen.
„Die Frage ist doch, ob wir mit mehr Markt oder mit sozialer Gerechtigkeit Klimaschutz machen“, meint Beutin. „Die Grünen halten sich derzeit beide Optionen offen.“ Er befürchte, dass die Diskussion über einen CO2-Preis die fällige Diskussion über ordnungspolitische Maßnahmen auch in den Sektoren Wohnen und Energie ersetzen könne. Und dass am Ende nicht die Verursacher, sondern allein die Verbraucher die Zeche zahlen müssen.
Tatsächlich werden aber auch die klimapolitischen Vorschläge der Linken zu höheren Preisen führen. So fordern sie in ihrem Programmentwurf auch höhere Erzeugerpreise auf Agrarprodukte und lehnen Massentierhaltung ab. Daraus folgt dann aber auch, dass Fleisch, Milch und Gemüse teurer werden. Auch für die Verbraucher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels