Studierende in der Pandemie: Sie wollen zurück in den Hörsaal
Die Pandemie hat das Studium stark verändert: Vorlesungen finden nur noch digital statt. Das wollen einige Studierende nun ändern.

In einem offenen Brief fordern studentische Initiativen, Fachschaften und Ausschüsse nun unter der Überschrift „Präsent bleiben“ eine weitgehende Rückkehr zur Präsenzlehre. Spätestens im Wintersemester sollen ihnen zufolge mehr als die Hälfte der Hochschulveranstaltungen wieder in „leiblicher Anwesenheit“ stattfinden.
„Die Situation an den Hochschulen hat sich seit einem Jahr nicht nachhaltig verbessert“, sagt Nicolas Battigge der taz. Er ist Pressesprecher der in der Pandemie gegründeten Initiative „Online Leere“, die den offenen Brief gemeinsam mit knapp 300 weiteren Gruppen unterzeichnet hat. Insgesamt vertreten die Unterzeichnenden den Initiatoren zufolge mehr als 500.000 der rund 3 Millionen Studierenden in Deutschland.
„Das Studium ist ein Lebens- und Entwicklungsabschnitt. Gerade Studierenden aus nichtakademischen Haushalten wird so die Chance genommen, sich in einer universitären Umgebung durch das Gespräch mit KommilitonInnen und Dozierenden die für den akademischen Werdegang notwendigen Werkzeuge anzueignen“, bemängelt Battigge.
Höchstens zaghafte Öffnungsschritte
Eine im April veröffentlichte Studie der AOK bestätigt das: Sie attestiert Studierenden besonders starke Belastungen in der Pandemie. Wichtig sei es daher, eine Präsenzquote von 50 Prozent auch in kommenden Pandemiephasen aufrechtzuerhalten, so Battige.
Während etwa Schulen in den vergangenen Monaten immer wieder mit Wechselmodellen und Präsenzphasen hantierten, blieben die Hochschulen durchgehend geschlossen. Laut einem Statement von Peter-André Alt, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, vom 10. Juni seien „die immer wieder ins Spiel gebrachten, in Schulen praktizierten Modelle von Wechselunterricht und Kohortenbildung“ für Hochschulen völlig ungeeignet. Hybride Veranstaltungen als Mischung aus Präsenz und Distanzlehre seien in der Breite nicht umsetzbar
Alt kündigte stattdessen zaghafte Öffnungsschritte an, „wenn die Rahmenbedingungen ähnlich bleiben, wie sie es jetzt sind“. Vorgesehen seien Teilöffnungen mit festgelegten Obergrenzen.
Battigge ist dies zu wenig konkret. „Lässt man die Präsenzfrage unverbindlich, fürchten wir, dass digitale Szenarien aus Kostengründen und Standortentwicklungspolitik bevorzugt werden.“
Auf taube Ohren scheinen die Initiatoren allerdings auch mit ihrer Quotenforderung nicht zu stoßen. Eine Sprecherin des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg lässt auf taz-Anfrage wissen, dass jene Forderung der Studierenden für richtig befunden würden.
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle verständigte sich bereits Anfang Juni mit den Hochschulen, Studierendenvertretungen und Studentenwerken des Landes auf Eckpunkte für weitgehende Öffnungsschritte. Auch vorgesehen: Eine Quote von mindestens 50 Prozent der Lehrangebote im Wintersemester in Präsenz. Bereits jetzt sind hier auch in Innenräumen wieder Lehrveranstaltungen mit 200 Studierenden möglich.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung