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press-schlagDemokratischer Frühling

Nach dem DFB muss sich der DOSB mit der Führungsfrage beschäftigen. Die alten Herrschaftsmodelle funktionieren nicht mehr

Ein Hauch von demokratischem Frühling weht durch die deutsche Sportlandschaft. Man mag es für Zufall halten, dass sich nach dem Beben beim Deutschen Fußball-Bund wenige Tage später jetzt wohl beim Deutschen Olympischen Sportbund die Führungsfrage stellt. Aber man wird gewiss bei der Dachorganisation des deutschen Sports mitbekommen haben, wie die Mitarbeiter des größten deutschen Sportfachverbands nicht nur unter den Hahnenkämpfen ihres Führungspersonals leiden, sondern auch ihre Stimme erhoben haben.

Der DFB-Betriebsrat forderte angesichts des desaströsen Eindrucks, den die leitenden Funktionäre zu verantworten hätten, einen Neuanfang, der strukturelle und personelle Veränderungen mit einschließe. Und dann hantierte man im DFB sogar mit bislang eher unbekannten Demokratiewerkzeugen herum: in einer geheimen Abstimmung wurde die Vertrauensfrage gestellt, die im Grunde die komplette Führungsriege schlecht aussehen ließ.

Man muss sich nicht alles gefallen lassen, auch wenn im organisierten Sport an Herrschaftsstrukturen festgehalten wird, die man in demokratischen Staaten vermeintlich längst überwunden glaubt. Mit mehr als 7 Millionen Mitgliedern der angeschlossenen Vereine ist der DFB der größte Sportfachverband der Welt, den eine Handvoll Funktionäre zum Objekt ihrer persönlichen, eitelkeitsgetriebenen Agenda gemacht haben, wie man es sonst in schlecht geführten Hasenzüchtervereinen erlebt.

Und nun soll Hörmann in den letzten Jahren im Dachverband von 27 Millionen Mitgliedern ein Klima der Angst etabliert haben. Manche hätten gekündigt oder sich psychotherapeutischer Behandlung unterzogen. Dass der Vorwurf eines Angstregimes anonym in einer Mail verbreitet wurde, macht ihn per se nicht unglaubwürdiger. Zudem man sich unwillkürlich an die DOSB-Präsidentenwahl 2018 erinnert fühlt, als Martin Engelhardt, der Präsident der Deutschen Triathlon-Union, spontan als Gegenkandidat zu Hörmann antrat und in seiner Rede für einen Führungsstil des respektvollen Umgangs miteinander warb. Aus Sorge vor Angriffen, erklärte er, habe er keinen offenen Wahlkampf geführt. Zumal Präsidenten von Fachverbänden ihm ihre Unterstützung aus Angst vor Repressionen versagt hätten.

Natürlich müssen die Vorwürfe, die laut Mailverfasser von mehr als einem Drittel der Mit­ar­bei­te­r:in­nen getragen würden, nun überprüft werden. Dass aber Hörmann am Donnerstagabend versicherte, zahlreiche Führungskräfte und Mitarbeiter hätten sich in den letzten Stunden vom Stil und den Inhalten der anonymen Mail distanziert, taugt sicherlich nicht als Gegenbeweis. Mehr helfen würde es, wenn sich Alfons Hörmann einer Vertrauensfrage stellt, in der alle anonym und ohne Angst vor Konsequenzen abstimmen dürfen.

Während die Jugendorganisation des DOSB Demokratietrainings und -schulungen für seine jungen Sport­le­r:in­nen anbietet, scheint Hörmann sich eher in Handbücher über Herrschaftstechniken von Einmanndiktaturen vertieft zu haben.

Doch die Spitzenfunktionäre müssen sich vorsehen. Wer Demokratie-, Gleichberechtigungs- und Diversitätsprogramme aufsetzt, gern von den hehren Werten des Sports erzählt, kann nicht wie in den letzten Jahrzehnten einfach weiter durchregieren. In Deutschland sind Sport­le­r:in­nen gerade dabei, sich mit der vom DOSB unabhängigen Organisation Athleten Deutschland e. V. zu emanzipieren und etwa selbst für ihren Schutz gegen Gewalt in den verkrusteten Strukturen zu kämpfen. Sie wollen mitbestimmen, wie der Leistungssport der Zukunft aussehen soll. Ein Hauch von demokratischem Frühling weht durch die deutsche Sportlandschaft. Johannes Kopp

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