Gnade für den Hassenden

Olaf Latzel setzt sich vor dem Kirchengericht gegen die Bremische Evangelische Kirche durch – der Pastor ist schon ab Sonntag wieder im Dienst

Olaf Latzel darf wieder predigen: Im Fall des Bremer Pastors, der wegen seiner homophoben Äußerungen freigestellt worden war, haben sich die Bremische Evangelische Kirche (BEK) und der Theologe überraschend in einem Vergleich geeinigt. Glücklich zeigt sich die BEK nicht über diese Einigung. „Ich hätte mir eine andere Entscheidung gewünscht“, so Schriftführer Bernd Kuschnerus.

Freuen tut sich dafür die Gegenseite: Auf ihrer Website kündigte die evangelikal geprägte St.-Martini-Gemeinde an, schon am Sonntag werde Pastor Latzel wieder den Gottesdienst halten: „Wir sind sehr dankbar, dass Gott unsere Gebete erhört hat und wir zu einer Einigung mit der Bremischen Evangelischen Kirche kommen konnten“, hieß es in der Mitteilung.

Kirchengericht gegen die Freistellung

Latzel war im November des vergangenen Jahres vom Amtsgericht Bremen wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Pastor hat Berufung eingelegt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung hatte ihn die Kirchenleitung vorläufig des Dienstes enthoben, ein zuvor eingeleitetes kirchliches Disziplinarverfahren ruht. Vor der Disziplinarkammer der bremischen Kirche beantragte Latzel nun, die Freistellung auszusetzen – mit Erfolg.

Schon am 22. März habe die Kammer in einem nichtöffentlichen Erörterungstermin Bedenken gegen die vorläufige Dienstenthebung geäußert und den Beteiligten „dringend“ eine Einigung empfohlen,teilten die Beteiligten in einer gemeinsamen Presseerklärung mit. Nun steht der juristische Vergleich: Latzel darf zurück auf die Kanzel und die Amtsgeschäfte wieder führen. Schriftführer Kuschnerus glaubt, dass es für die BEK bei dieser Einigung nicht viel Spielraum gab: „Ohne Vergleich hätte das Gericht ein Urteil gegen uns gefällt“, sagt er.

Latzel muss sich entschuldigen

Im Gegenzug für das wiedererlangte Recht, auf der Kanzel zu predigen, müssen sich Latzel und seine Gemeinde deutlich von Hassbotschaften distanzieren. Für den Pastor gilt nun ein „Gebot zur Mäßigung“. Latzel müsse sich zudem bei den Betroffenen nochmals entschuldigen, so Kuschnerus. Wann genau die Entschuldigung stattfinden wird, ist bisher nicht bekannt. Über den Wortlaut gibt es aber Absprachen.

Olaf Latzel hatte in einem sogenannten „Eheseminar“ im Oktober 2019 zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Im Verlauf des Seminars sagte er unter anderem, Homosexualität sei eine „Degenerationsform von Gesellschaft“ und „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day“.

Der Konvent der St.-Martini-Gemeinde hatte sich im März uneingeschränkt hinter den Pastor gestellt. Latzel habe in „seinen Äußerungen zur praktizierten Homosexualität auf dem Eheseminar in keiner Weise gegen die aus seiner Ordination bestehenden Pflichten verstoßen“. Der Konvent wollte alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um die vollständige Wiedereinsetzung des Pastors zu erreichen.

Nach der Freistellung war die Leitung der bremischen Kirche mit Hassmails von Fans des Theologen überflutet worden. „Die Beteiligten verurteilen allseitig jegliche Form von Hassbotschaften, Beleidigungen oder Gewaltandrohungen“, hieß es in der nun verbreiteten Erklärung. Im Netz gab es schnell positive Reaktionen von Latzel-Anhänger*innen auf die Einigung. „Unsere Herzen tanzen vor Freude“, ist beispielsweise auf Facebook zu lesen. „Bruder Latzel hat uns durch seine glasklare Verkündigung so viel weiter im Glauben gebracht.“ (taz/epd)